Als Einstieg fällt die Wahl auf das atmosphärisch sehr intensive, weil »live & direct« in einer Kirche aufgenommene Hank-Williams-Cover von »I'm So Lonesome I Could Cry« aus der »Trinity Session« der Cowboy Junkies. Hier kommt es vor allem auf die perspektivische Staffelung der Instrumente sowie die realistische Wiedergabe der räumlichen Gegebenheiten an. Der Magnat-Hybrid vermeidet dabei eine Röhren-Amps generell gerne zugesprochene cinemascope-hafte, überdimensionierte Abbildung. Vielmehr stellt er den zwar hohen, aber letztlich begrenzten Kirchenraum zwar groß, aber auch glaubwürdig in seiner Limitierung dar. Er positioniert die Musiker genau abgezirkelt, sodass man sich hervorragend in diese Aufnahmesituation hineinversetzen kann: Margo Timmins‘ Stimme zerbrechlich, leidvoll, aber fokussiert im Zentrum, die Gitarre links mit eigenem Hall und der Akustik des Raumes interagierend, der tragende Bass unauffällig zentral, aber bestimmt in seiner Diktion, das Schlagzeug mit durchsetzungsstarkem Hi-Hat weiter hinten rechts positioniert. Der RV 4 präsentiert diesen Titel so wirkungsintensiv, dass je nach Charakterzug des Hörers der Wunsch nach tränenstoppenden Tissues oder zumindest atmosphärischem Kerzenlicht entstehen kann.

Kraft im Tieftonbereich

Wie sich der Magnat-Hybrid bei musikalisch komplexer arrangiertem Material schlägt, zeigt sich sehr gut auf »She Don't Know« von Melody Gardots letztem Opus »Currency Of Man«. Angeschoben durch einen ohnehin schon nervösen Rhythmus kann dieser Track mit seinem sehr geschäftigen Arrangement durch das permanente Ein- und Ausblenden kurzer instrumentaler Akzente von Orgel, Gitarre, Flöte oder Blechbläsern leicht in das Strapazierende kippen, wenn die Elektronik hier keine ausgewogene tonale Balance übermittelt und/oder zu sehr den Fokus auf Analyse legt. Doch der RV 4 vermag die Inspiration hinter der agilen Gestaltung des Songs sehr gut darzustellen, ohne ihm das brodelnde Leben zu nehmen. Denn er macht es sich nicht zu einfach und »schönt« das Anstrengende auf Kosten der Genauigkeit weg, sondern tariert geschickt die Pole Präzision und Kontemplation aus. Was sich bei »She Don't Know« ebenfalls offenbart: Der RV 4 kann Tiefton. Das wuchtige Spiel auf dem Bass-Synthesizer wird sehr machtvoll, aber gleichsam kontrolliert und kantengenau in den Raum gedrückt.

Diese Audio-Datei im 16 Bit/44,1 Kilohertz-Format wurde mit Unterstützung des bewährten V-Link 192-USB/SPDIF-Konverters von Musical Fidelity direkt vom Mac Mini in den koaxialen Digitaleingang des RV 4 geschickt. Um das Leistungsvermögen des integrierten Wandlers einzuschätzen, habe ich alternativ meinen externen MX-DAC (ebenfalls Musical Fidelity) angedockt. Und wie zu erwarten war: Dieser legt noch eine Schippe drauf. In puncto Weitläufigkeit, Feingliederung und Fehlen von Härte (Hi-Hats!) punktet die externe Wandlung – was sie aber auch muss: Der Zusatz-DAC kostet schließlich alleine knapp ein Drittel des Magnat-Verstärkers. Dagegen schlägt sich der integrierte DAC im RV 4 mehr als wacker. Wer seinen Schwerpunkt auf digitale Quellen legt, kann wunderbar sofort mit dem RV 4 starten und sich später einen externen Digital-Analog-Konverter der noch höheren Leistungsklasse gönnen – der Verstärker gibt das qualitativ her. Der MX-DAC zeigt hier nur noch deutlicher das volle Potential dieses Magnat-Tube-Amplifiers der vierten Generation.