Im Hörraum wird mir binnen Minuten klar, weshalb Wilson Benesch die Serie »Precision« getauft hat, denn Präzision scheint zumindest eine ihrer Kerntugenden zu sein. So klingt das gesamte Album »Stringed« von Jens Kommnick faszinierend, denn bei dieser Stockfisch-Einspielung geht nichts von der Akribie, mit der sie aufgenommen wurde, verloren. In »Christophs Tanz« bekommt man jedes Zupfen, jedes Ausschwingen der Saiten und die Spielfreude des Künstlers quasi im Originalzustand in den Hörraum projiziert. Die Gitarre besitzt Körper, das Tempo stimmt, und es gibt nicht die geringsten undefinierbaren Klangbegleiterscheinungen zu hören, die andere Lautsprecher hier ab und zu liefern.

Nach ein wenig Experimentieren mit der Aufstellung und dem Einwinkeln stehen die P3.0 so, dass ich ihre Innenseiten gerade noch sehen kann. Dann tritt Keith Jarrett in Budapest auf, und einmal mehr erschreckt mich die Präzision der Wiedergabe. Die Räumlichkeit dieser Live-Aufnahme wirkt absolut überzeugend – und zwar so überzeugend, dass man das Thema Lautsprecher einfach aus der Wahrnehmung streichen kann. Die Musik spielt im Raum, nicht im Hörraum, sondern in der Béla-Bartók-Konzerthalle. Unmittelbar wird beim Hören klar, dass sich die Wilson Benesch nicht in das Geschehen einmischt. Die Gehäuse anderer Lautsprecher scheinen dem eigentlichen Musiksignal immer etwas hinzuzufügen oder abzuziehen, das wird einem angesichts der hier von der P3.0 angebotenen Sauberkeit erst richtig bewusst.

Auch Klassiker gewinnen

Ich hatte eine Ahnung davon, was passieren könnte, wenn ich die CD »Tales Of Mystery And Imagination – Edgar Allan Poe« von Alan Parsons in den Player lege und mich dem »Arrival«-Gewitter ausliefere. Die Orgel tönt majestätisch, der Regen so realistisch, dass mich Pfützen im Hörraum nicht weiter überraschen würden, und dann – dann treffen mich die Schläge des Schlagzeugs mit einer solchen Wucht, dass ich mich ernsthaft frage, ob alle anderen Lautsprecher bei dieser Passage mit angezogener Handbremse spielen oder ob sie es einfach nicht können. Auch bei höheren Pegeln stößt die P3.0 an keine Grenze, sie behält ihre Souveränität. Die Raumzeichnung in Breite und Tiefe ist perfekt, besser kann man es kaum machen.

Schneller Szenenwechsel, offensichtlich eine belebte Straße, Sirenengeheul und dann eine Stimme, die absolut vertraut ist. Sie gehört Roland Orzabal von Tears For Fears. Die Klarheit, mit der sein Gesang bei »Rivers Of Mercy« zwischen den Lautsprechern auftaucht, ist grandios, auch die begleitenden Instrumente faszinieren mit Natürlichkeit und greifbarer Plastizität. Dabei kann ich meine Aufmerksamkeit auf einzelne Klangkörper richten, ohne dass etwas vom Ganzen verloren geht. Selbst für den Fall, dass jemand diese Musik nicht mag, ist der hundertprozentige Zugriff, den die Wilson Benesch auf das akustische Geschehen liefert, nur mit dem Begriff »eindrucksvoll« richtig beschrieben. Das liegt daran, dass die Musik bis ins Innerste des Hörers vordringt. Diese Eindeutigkeit, in welcher die Botschaften und Emotionen der Musik am Hörplatz ankommen, setzt Maßstäbe.

Kein Weichspüler

Dass die P3.0 kultiviert aufspielen kann, steht außer Frage. Sie bildet Instrumente und Stimmen mit größtmöglicher Natürlichkeit ab, zeichnet weite und dabei akkurate Räume. In diesem Zusammenhang überrascht dann vielleicht die Information, dass die schlanke Britin auch Rammstein hervorragend zu präsentieren weiß. So stellt sie »Weit Weg« auf ein energiegeladenes Fundament aus Keyboard und Gitarren, und trotzdem ist Till Lindemanns Stimme der dominierende Faktor. Auch hier tauchen akustische Feinheiten auf, die bei anderen Schallwandlern wohl einfach im Gehäuse stecken bleiben. Oder anders gesagt: Die P3.0 von Wilson Benesch klingt einfach anders als Standardboxen, sagen wir einfach »überragend« und fügen dem noch ein Ausrufezeichen hinzu.