mit Brian Willoughby, Plinius-Geschäftsführer

i-fidelity.net:   Plinius ist weltweit bekannt für sehr musikalisch klingenden Komponenten. Liegt das Geheimnis eher in der Technik oder in der mit Ohren durchgeführten Abstimmung begründet?

Brian Willoughby:   Ja, Sie haben Recht, unser Ruf gründet sich in der Tat zu einem Großteil auf der Musikalität unserer Geräte. Was allerdings kaum jemand auf der Rechnung hat, ist, dass wir bereits drei Jahrzehnte in diesem Markt unterwegs sind, und das ist ein großer Vorteil für uns. Substantiell gute Entwicklungen gelingen im technischen Bereich am besten in einem iterativen Prozess. Darunter ist das ständige Hinterfragen und Wiederholen von Fragen beim Aufbau einer Schaltung zu verstehen. Genau mit diesem Verfahren sind wir, was das klangliche Ergebnis angeht, immer besser geworden. In den vergangenen Jahren hat uns der von jungen Ingenieuren mitgebrachte frische Wind einen weiteren Schub verliehen. Sie adaptieren den Prozess und gehen dabei wissenschaftlicher vor. Aber unter dem Strich stehten das konzentrierte und das entspannte Hören gleichermaßen. Dabei setzen wir als Maßstab unsere aktuellen Geräte ein, die wir in puncto Reproduktionsqualität steigern wollen.


i-fidelity.net:   Viele Hersteller bauen inzwischen in ihre Verstärker große Displays ein und statten sie zudem mit vielfältiger Konnektivität aus, LAN- und W-LAN-Verbindungen mögen zur Erklärung dienen. Krönung ist dann noch eine Plastikfernbedienung. Weshalb halten Sie am puristischen Konzept fest?

Brian Willoughby:   Das ist eine hervorragende Frage. Unser Ziel war es immer, die für Menschen so angenehme Einfachheit zu erhalten: leicht zu bedienen und leicht einzurichten. Wenn man seinen gesunden Menschenverstand gebraucht, muss man sich doch folgende Fragen stellen: Was möchte ich wissen, während ich Musik höre? Ist alles richtig angeschlossen und eingeschaltet? Welchen Eingang habe ich gewählt? Welcher Pegel ist mit dem Regler eingestellt? Noch etwas? Sicher nicht, also warum alles komplizierter machen mit Anzeigen, die aus vier Meter Entfernung ohnehin niemand mehr lesen kann? Bei Plinius ist eine der Maßgaben für bestmögliche Klangqualität, elektrische Störungen gar nicht erst entstehen zu lassen. Warum also eine Störquelle in Form eines Displays einbauen? Das macht doch keinen Sinn. Deswegen verzichten wir darauf. Und um es noch einmal zu sagen: Wir haben nur ein Ziel, und das heißt höchste Klangqualität.

Bei den Fernbedienungen gebe ich Ihnen vollkommen recht. Da wird ein Riesenaufwand betrieben, um dann die Materialschlacht mit einem Stück Plastik in der Hand zu steuern. Das ist fürchterlich! Bei Plinius glauben wir fest daran, dass die Kombination aus akustischen und haptischen Emotionen zu einem intensiveren Gesamterlebnis führt. Dazu gehört beispielsweise für mich persönlich ein schönes Jazz-Album, ein Glas Wein und eben auch eine solide Fernbedienung. Sie rundet das perfekte Gesamtergebnis ab. Wäre sie aus Plastik, dann würde ich sie allenfalls zum Öffnen des Garagentores akzeptieren.

Bei den LAN-Anbindungen sehen wir einen wachsenden und vor allem auch nützlichen Markt, der natürlich vor allem Streaming-Komponenten wie unserem Tiki und Toko Zugang verschafft. Aber auch hier bleiben wir puristisch. Es gibt spezielle Gerätschaften, die genau diese Thematik beherrschen werden. Bei W-LAN haben wir gerade sehr schlechte Erfahrungen gemacht, die Zahl importierter Störungen ist so hoch, dass das klangliche Ergebnis in viel zu hohem Maße leidet. Hier muss man darauf achten, dass einen der Komfort bei der Nutzung nicht überwältigt, sondern die Qualität wirklich oberstes Gebot bleibt. Wenn es um Bedienkomfort geht, kann ich mir allerdings schon vorstellen, dass wir in dieser Richtung ein paar Schritte gehen.


i-fidelity.net:   Verraten Sie uns bitte mal ein Geheimnis: Wie hoch ist der klangliche Einfluss des Gehäuses bei einem Verstärker?

Brian Willoughby:
   Ich kann Ihnen hundertprozentig versichern, dass es diesen Einfluss gibt, aber ich bin nicht in der Lage zu schätzen, wie hoch er tatsächlich ist. Das Gehäuse beeinflusst die Klangqualität durch unerwünschte elektrische und elektromagnetische Eigenschaften. Deshalb hören wir uns beispielsweise auch unterschiedliche Verkabelungswege an – und ich kann Ihnen versichern, dass die kürzeste Strecke nicht immer gleichbedeutend mit der besten Klangqualität ist. Hier spielt konstruktive Erfahrung nach über drei Jahrzehnten eine große Rolle.


i-fidelity.net:   Plinius ist durch die Erdbeben im vergangenen Jahr in Mitleidenschaft gezogen worden. Wie schaut es denn derzeit mit der Produktion aus?

Brian Willoughby:
   Insgesamt produzieren wir in vier unterschiedlichen Gebäuden. Eines ist bei dem Erdbeben so schwer beschädigt worden, dass es abgerissen werden musste. Wir machen die Metallverarbeitung jetzt in einem neuen Gebäude, das sich aber in der Nähe des ursprünglichen Areals befindet. Viel entscheidender für unsere Tätigkeit war aber, dass unsere Mitarbeiter unter dem einen großen Beben und den hunderten Nachbeben gelitten haben. Für die Arbeit an hochwertigen Audio-Geräten muss man aber im Kopf frei sein. Zur Linderung beziehungsweise Verbesserung der Situation haben wir Zeit und Geld investiert. Das alles sind aber Erfahrungen, von denen ich auch noch nach einem Jahr sage, dass man sie sich lieber sparen sollte.


i-fidelity.net:   Mr. Willoughby, geben Sie uns zum Schluss noch ein paar Tipps für hörenswerte Musik?

Brian Willoughby:
   Sie machen mir Spaß, da fällt mir einiges ein. Es hängt natürlich immer von der sehr persönlichen Betrachtungsweise ab, aber ich schätze, dass Sie genau darauf hinauswollen. Mir gefallen viele Titel aus den Bereichen Jazz und Rhythm & Blues, was wahrscheinlich mehr über mein Alter aussagt als über irgendetwas anderes (lacht). Sei's drum, hier kommen ein paar Tipps: Jimmy Smiths »Walk On The Wild Side«, Johnny Dankworths »Blue Rohndo’« und Rod Stewarts »Sailing« bilden einen guten Spannungsbogen meiner Musik. Zur Bewertung unserer Komponenten ziehe ich gerne Clark Terrys »Pennies From Heaven« (JD028), David Cheskys »Club De Sol« (JD033) und Phil Woods »Charles Christopher« (JD003) heran. Außerordentlich gut ist auch Gabriella Monteros »Sarabande« (EMI), das viele Detail bietet.