Logische Folge

Natürlich schürt derartiger Aufwand die Erwartungshaltung für den Hörtest. Erinnern Sie sich an die eingangs geschilderte Szene des überschwemmten New Yorks? Mit dem Linear SE, der sein Signal vom D/A-Wandler V-DAC aus dem Hause Musical Fidelity bekommt und es an den Beyerdynamic TP 70 weitergibt, wird die Tonkulisse eindrucksvoll, sprich authentisch übertragen. Faszinierend am Kopfhörer-Erlebnis ist der Zugewinn an Details, gewünschten wie unerwünschten. Denn wer den Film in der synchronisierten Version anschaut, wird über die ulkigen Geräusche zwischendurch staunen.

Aber der Lehmannaudio Linear SE ist in erster Linie für Musik gemacht. Deshalb starten wird jetzt die Pure-Music-Software und die iTunes-Datenbank, die ausschließlich Apple-Lossless-kodierte Titel enthält. Dann legt Herman van Veen mit seinem »De Fluiter« los, zunächst Klavier und Pfeifen live, dann verschwindet es im Playback. Van Veen macht einem Musiker Komplimente und man sitzt einfach zwischen den Zuschauern, ganz normal. Die Betonung des Ganzen und nicht etwa tonaler Teilbereiche prädestiniert diesen Kopfhörerverstärker fürs Langzeithören.

»Alfie« von Patricia Barber klingt über den Kopfhörerausgang eines Apple iMacs inakzeptabel, die Zuschaltung der Channel-D-Software »Pure Music« ändert nichts an der akustischen Katastrophe. Matt, hohl und undynamisch ertönt die überragende Aufnahme, so lässt sich nicht mal ein Titel bis zum Ende durchhören. Erst der Wechsel auf Musical Fidelitys V-DAC und den Linear SE führt wieder zur tonalen Harmonie und dank überragender Klangqualität zu einer eigenen Form des Genusses. So einen Kopfhörerverstärker haben wir noch nicht gehört!

Direkt an die Quelle

Nun muss der Linear SE aber auch noch zeigen, was er aus SACDs macht, die der Marantz SA-KI Pearl abtastet. Los Angeles Guitar Quartet, den Namen dieses Ensembles darf sich ruhig jeder merken. Nicht nur bei dem Titel »Cafezinho« kann der Lehmannaudio seine Qualitäten vollständig ausspielen. Mit Takt und Rhythmusgefühl sowie tadelloser Auflösung manövriert er sich durch das Stück und lässt sowohl den im Marantz verbauten Kopfhörerausgang als auch sein Pendant im Audionet SAM G2 merklich hinter sich.

Das zeigt übrigens einen grundsätzlichen Unterschied in der Haltung. Viele Hersteller sehen in der Kopfhörerbuchse ein wohl nicht zu vermeidendes Übel, und entsprechend niedrig fällt die Qualität dann aus. Diese Einstellung stammt aus einer Zeit, in der das Benutzen eines Kopfhörers ausschließlich für die Zeit nach 22 Uhr in Mietwohnungen vorgesehen war. Norbert Lehmann hat das Thema anders verstanden und die Aufgabe »summa cum laude« gelöst. Mit dem Linear SE bekommt das Hören per Kopfhörer eine beachtliche Genusskomponente, die mit allem etwas zu tun hat, nur nicht mit dem Wort »Kompromiss« – herzliches Willkommen für die neue Referenz!

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