Interview

mit Geschäftsführer Norbert Lehmann


i-fidelity.net:   Herr Lehmann, der Decade Jubilee hat seine Premiere auf der Audio Visual Show in Hongkong 2019 gefeiert. Was hat die Serienfertigung verzögert?

Norbert Lehmann:   Der Decade Jubilee in der Version HK 2019 war schon ein vielversprechender Ansatz, aber eben doch noch nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Zwischenzeitlich ergaben sich neue Möglichkeiten wie etwa die Integration der erst in 2020 entwickelten 3S-Gerätefüße. Insgesamt hat die Verzögerung der Gerätequalität gut getan. Der Hörvergleich zwischen den Versionen war sehr deutlich. Umso glücklicher bin ich, dass wir nun ein Gerät am Start haben, das – in aller Unbescheidenheit – mindestens in der Preisklasse Maßstäbe setzen wird.


i-fidelity.net:   Sind von den anderen Modellen auch »Jubilee«-Ausführungen zu erwarten?

Norbert Lehmann:   In den über drei Jahrzehnten, die Lehmannaudio mit Qualitätsprodukten auf dem Markt präsent ist, hat uns eine stetig wachsende Zahl von Kunden ihr Vertrauen geschenkt. Vielfach sind die Kunden in der Zeit sozusagen die Produktleiter hochgeklettert. Dafür bin ich persönlich sehr dankbar. Das gibt Lehmannaudio seit längerem die Freiheit, von der Geräteentwicklung her in Qualitätssegmente vorzustoßen, die sich sehr deutlich vom Budget-HiFi abheben und ein anderes Musikerleben ermöglichen. Es wird deshalb immer wieder neue Ansätze geben, auch ohne das Label »Jubilee«. Beim Decade bot sich das an – auch wenn das Gerät nun mit zeitlicher Verzögerung in den Markt kommt.


i-fidelity.net:
   Sie sind Ingenieur. Ist die Konstruktion des Decade Jubilee ausschließlich unter technischen Aspekten erfolgt?

Norbert Lehmann:
   Schon sehr früh in der Historie von Lehmannaudio habe ich mit befreundeten High-End-Enthusiasten, Musikern und Ingenieuren Hörvergleiche angestellt. Diese Blindtests (!) zum Beispiel zwischen verschiedenen Netzteildioden und gesockelten oder alternativ gelöteten Bauteilen haben bei allen Beteiligten für echte Aha-Erlebnisse gesorgt. Die Resultate sind in die klangliche DNA der Lehmannaudio-Produkte eingeflossen. Die technische Funktionalität ist eine Grundvoraussetzung ebenso wie die begleitende Kontrolle durch die Messtechnik, aber High End Audio ist vor allem Hören und im fortgeschrittenen Bereich dann auch Fühlen. Als wesentliche Fragen haben sich für mich herauskristallisiert: »Wie fühle ich mich vor dieser Anlage? Habe ich Lust, länger sitzen zu bleiben, den Klang zu genießen und eine beglückende musikalische Reise anzutreten?« Wenn stattdessen Unruhe, permanentes Spielen an der Lautstärke, Titelwechsel oder dauernde Wechsel der Tonträger/Alben meine Hörerfahrung bestimmen, stimmt etwas nicht – entweder mit mir selbst oder mit der Anlage.


i-fidelity.net:   Sie bieten technische Upgrades an. Andere Hersteller wählen den Weg des Modellwechsels – warum ist das keine Option für Lehmannaudio?

Norbert Lehmann:
   Upgrades sind meines Erachtens nach für Kunden fairer und zusätzlich deutlich nachhaltiger als Modellwechsel, die oft genug nur versteckte Preiserhöhungen verschleiern sollen. Die meisten unserer Geräte sind upgradefähig bis hin zum Platinentausch. Es bleibt dabei den Kunden überlassen, wie weit sie die Reise mitgehen wollen. Immer noch können zum Beispiel auch Black Cubes von 1994 auf den neuesten Stand gebracht werden, und alle Linear-Modelle aller Baujahre können auf die Linear II Platine hochgerüstet werden. Auch Decade-Upgrades auf den Jubilee werden natürlich möglich sein.


i-fidelity.net:   Inwieweit macht sich das Fehlen der Publikumsmessen bemerkbar?

Norbert Lehmann:   Publikumsmessen wie die High End oder die Norddeutschen HiFi-Tage fehlen auch uns bei Lehmannaudio schon alleine aus Tradition. Wir waren in den letzten fast zwanzig Jahren ununterbrochen auf der High End zu finden. Konzentriert an mehreren Tagen hintereinander viele Interessenten und Kunden persönlich ansprechen zu können, ist wertvoll. Auch der brancheninterne Kontakt mit Kollegen, Vertrieben und der Presse war bisher im Rahmen der Messen immer konzentriert, sehr angenehm und effektiv. Auf der anderen Seite bieten sich nun auch Digitalisierungsmöglichkeiten, die vorher nicht da waren. Wenn der gleiche Aufwand, den wir als Hersteller vorher in Publikumsmessen investiert haben, nun in neue Kanäle umleiten, bieten sich auch neue Möglichkeiten des Publikumskontakts. Wir sind gerade dabei, unsere digitalen Möglichkeiten des Live-Publikumskontakts massiv zu erweitern. Wir freuen uns jetzt schon auf die zweite Auflage der Analogtage Ende Oktober 2021 (www.analogtage.de). Hier möchte ich noch nicht zu viel verraten, aber ich verspreche nicht nur mir, sondern auch den Teilnehmern jede Menge Inspiration, Musikerlebnisse, neue Eindrücke und Aktionen.