mit Dr. Jack Oclee-Brown, »Head Of Acoustics« bei KEF.

 

i-fidelity.net:   Worin bestehen die Unterschiede zwischen der alten und der neuen KEF Reference in Bezug auf das Gehäuse?

Dr. Oclee-Brown:   Seit der Einführung der 200/2-Reference-Serie haben wir eine Menge Arbeit in die Minimierung von Gehäusevibrationen investiert. Wir haben sehr sorgfältig auch die kleinsten Schwingungsanregungen kartographiert und uns dann systematisch an deren Beseitigung gemacht. Grundlage für diesen Schritt ist die klare Erkenntnis, dass, wenn der Lautsprecher spielt, die Musik nur von den Chassis kommt. Alles andere färbt das Klangbild, und das ist mit dem Namen »The Reference« unvereinbar. Im Falle der Reference 5 war das eine echte Herausforderung, weil dieser Lautsprecher über so große Wände verfügt. Mit meinem Kollegen Mark Dodd habe ich im Rahmen der LS50-Entwicklung eine Studie zum Thema Gehäusevibrationen gemacht. Hauptgrund für die Verfärbungen waren dabei die Plattenresonanzen, die an jedem Punkt des Gehäuses entstehen. Zu unserem Erstaunen waren diese im Pegel weitaus höher als vermutet. Zunächst versuchten wir, dem Problem mit den herkömmlichen Mitteln zu begegnen, stellten aber schnell fest, dass wir lediglich das Spektrum der Resonanzen verschoben haben, nicht aber die Ursache beseitigen konnten. Also begannen wir, mit Kunstharzen zu experimentieren, die die unerwünschten Schwingungen einfach in Wärme umwandeln sollen. Nach mehrmonatigen Versuchen waren wir dann in der Lage, die Gehäuseresonanzen gezielt um bis zu 25 dB zu verringern. Das ist ein Aspekt, der der Klangqualität in hohem Maße zugute kommt.  


i-fidelity.net:   Welche Bedeutung hat die Software in der heutigen Lautsprecherentwicklung?

Dr. Oclee-Brown:   Software spielt eine gewichtige Rolle im modernen Design. Wir nutzen sie ausgiebig, um sowohl unsere Lautsprecher zu messen und zu analysieren als auch um das Verhalten eines Lautsprechers vorherzusagen, bevor wir Prototypen bauen. Sie kann auch als experimentelles Werkzeug verwendet werden, um sehr abstrakte Fragen zu stellen, zum Beispiel »wie würde sich der Hochtöner mit einem Vakuum dahinter verhalten?«. Diese abstrakten Fragen können uns helfen, die Grenzen unserer Entwürfe zu verstehen oder Ziele für das ideale Verhalten von beispielsweise Chassis zu definieren. Wir sind bei KEF in der glücklichen Position, dass das Technikerteam, das hier in den 1970er-Jahren arbeitete, die heute fast unglaubliche Weitsicht besaß, Computer in den Entwicklungsprozess zu integrieren. KEF war das erste Unternehmen, das Lautsprecher digital messen konnte und zusammen mit Celestion – unserem Schwesterunternehmen – moderne Computer-Tools wie die Finite-Elemente-Analyse einführte.


i-fidelity.net:   Können Sie uns erklären, warum bei der Reference 5 je ein Paar Tieftonchassis über und unter dem Uni-Q montiert ist?

Dr. Oclee-Brown:   Sie wissen, dass Uni-Q eine Schlüsseltechnologie bei KEF ist. Ziel dieses Chassis ist es, die Abbildungsfähigkeiten des Lautsprechers konsistenter zu machen. Konventionelle Lautsprecher verfügen über separate Treiber, die verschiedene Bereiche abdecken, und prinzipbedingt sind sie in der Regel an verschiedenen Orten montiert. Jedes Chassis hat unterschiedliche Eigenschaften, unterschiedliche Richtcharakteristik und strahlt von einem anderen Ort aus. Es ist kaum möglich, damit ein homogenes Schallfeld zu erzeugen. Dazu gibt es eine interessante Untersuchung, bei der gezeigt werden konnte, dass sich beim Sprechen in einem Raum direkter und indirekter Schall möglichst ähnlich sein sollen, um einen natürlichen Eindruck zu erhalten. Das lässt sich eins zu eins auf einen Lautsprecher übertragen. Erreichen kann man das durch eine sehr gute Richtcharakteristik und eine ebenso gute Reaktion unter Winkeln. Natürlich liegt es auf der Hand, die Ideen des Uni-Q-Chassis auf das gesamte System auszudehnen. Das haben wir erstmal bei der Blade realisieren können. Bei der Reference 5 haben wir die Tieftonchassis in einer Art D'Apollito-Konfiguration montiert, um dem Ideal einer punktförmigen Schallabstrahlung näher zu kommen. Beschlossen haben wir diese Konstruktion aber tatsächlich erst nach dem Anhören, weil die Vorteile in der räumlichen Abbildung schon sehr deutlich waren.


i-fidelity.net:   In unseren Hörtests ist uns ein vergleichsweise großer klanglicher Unterschied zwischen der Reference 5 und der älteren 205/2 aufgefallen. Gibt es dafür einen entscheidenden Grund oder ist es die Summe vieler Kleinigkeiten?

Dr. Oclee-Brown:   Es gibt eine ganze Reihe durchaus erheblicher Unterschiede zwischen diesen beiden Modellen. Dabei kommt dem Uni-Q-Chassis in seiner neuesten Ausführung aber sicher ein ganz ordentlicher Anteil zu. Denn im Gegensatz zu /2-Serie ist jetzt der »Tangerine Waveguide« für die verbesserte Abstrahlcharakteristik an Bord, und die neuen Magnetantriebe weisen noch einmal verringerte Verzerrungswerte auf. Ansonsten haben wir hundertfache Detailarbeit geleistet. Alle Bestandteile sind bereits im Vor-Prototypenstatus auf Herz und Nieren untersucht worden. Viele Dinge haben wir doppelt und dreifach konstruiert, um dann im Hörraum die Auswirkungen zu überprüfen. Wenn Sie jetzt noch Wechselwirkungen mit einbeziehen, wird deutlich, warum wir uns so viel Zeit und Mühe gemacht haben.