Europa tut etwas für die Umwelt, was engagierten und klanglich anspruchsvollen Hörern nicht unbedingt gefallen kann. Seit 2012 ist die »EU Energy Efficiency Directive« gültig. Sie sorgt unter anderem dafür, dass sich »Entertainment-Komponenten« bei Nichtnutzung nach einer gewissen Zeit automatisch in den Stand-by-Modus verabschieden. Ohne Frage eine sinnvolle Maßnahme, die verhindern soll, dass vergessliche Zeitgenossen unnötig Strom verbrauchen. Bei Phono-Vorverstärker indes macht sich die kontinuierliche Stromzufuhr in den meisten Fällen klanglich positiv bemerkbar, das ständige Ein- und Ausschalten wäre für ungetrübten Musikgenuss also schlicht kontraproduktiv. Angesichts der niedrigen Leistungsaufnahme dieser Geräte-Kategorie habe ich mich deshalb auch nie als Öko-Verbrecher gefühlt, wenn ich einen Phono-Pre ständig am Netz ließ. So wollte ich es auch beim frisch ausgepackten und angeschlossenen Hegel V10 halten, doch am nächsten Morgen erlebte ich eine Überraschung: Die Funktionsleuchte war erloschen.

Hegel erfüllt also die EU-Vorgaben, doch weil die Norweger andererseits auch ganz genau wissen, was die audiophile Kundschaft wünscht, erlauben sie mit Hilfe des Power-Knopfs auf der Frontseite die Abschaltung des »Auto Off«-Modus. Was ich noch vor dem ersten Hören auch sofort erledige. Das Gehäuse des neuen V10 ruht aus Gründen der Stabilität auf drei Füßen, das ist typisch für Entwicklungen des seit dreißig Jahren in Oslo residierenden Unternehmens. Im Gegensatz zur schlichten Frontplatte ist auf der Rückseite jeder Quadratzentimeter genutzt worden. Für MM- und MC-Tonabnehmer gibt es je einen separaten, mit vergoldeten Cinchbuchsen ausgeführten Eingang. Hegel empfiehlt nachdrücklich, die beiden Eingänge nicht parallel zu benutzen, um etwaiges Rauschen und Brummen zu vermeiden. In Richtung Vollverstärker kann das verstärkte Signal dann per Cinch- oder symmetrischer XLR-Verbindung geleitet werden.

Beim Blick auf die Rückseite des V10 zeigt sich auch, dass die Norweger die klare Kanaltrennung favorisieren. Die Konsequenz ist allerdings bemerkenswert, denn auch vom externen, auf Rauscharmut getrimmten Steckernetzteil kommt die 18-Volt-Versorgungsspannung kanalgetrennt am Phonoverstärker an. Die Anschlussbuchsen befinden sich in der Bodenplatte. Schließlich verrät der Blick ins Innere, dass die Netzteile im vorderen Teil räumlich vom eigentlichen Verstärker getrennt und durch zwei Metallbleche zusätzlich vor unerwünschter Interaktion geschützt sind. Wie immer treibt die Hegel-Entwicklungsabteilung hohen konstruktiven Aufwand im Sinne klanglicher Qualität. Was sich auf den ersten Blick allerdings nicht erschließt, sind die umfassenden Einstellmöglichkeiten des Phonoverstärkers.