Matthias Roth gab mir den Tipp, auch einige Netzkabel auszuprobieren. Recht hat er, denn diese Verstärker reagieren auf diesbezügliche Zuwendung überaus dankbar, wie ich schnell merkte. Dabei bevorzugen sie ungeschirmte Zuleitungen, bei denen wieder einmal das Gran Finale von HMS gewann. Hiermit lagen Kraft und Feinsinn, Konturenschärfe und impressionistischer Farbenreichtum auf einem gleichermaßen hohen Niveau. Zwar gingen die Endstufen mit Phonosophie-Leitungen noch eine Spur ungestümer voran, büßten dann jedoch zu viele Farben ein.

Bei den Lautsprecherkabeln forderten sie hörbar nicht zu kapazitive Leitungen ein. Mit den bewährten Gran Finales oder Fortissimo von HMS agierten die Amps zu gehemmt, der Raum blieb eng, und die Obertöne wollten nicht so recht blühen. Dies änderte sich schlagartig mit induktiveren Verbindern von Audioquest oder Ensemble.

Vom Handwerklichen zum Genuss

Nun aber endlich zur Musik, denn Electrocompaniet reklamiert ja für sich, dass man zu diesen Produkten greifen müsse, wenn es einem wirklich um Musik gehe. Und wofür soll man sich sonst auch eine Stereoanlage kaufen? Christian Thielemann ist eine durchaus umstrittene Dirigentenpersönlichkeit unserer Tage. Und so sehr man über die Deutlichkeit seines Dirigats und seine Eignung als Konzertdirigent streiten kann, so muss man doch zugeben, dass der Orchestergraben im Opernhaus sein »Wohnzimmer« ist. Vor allem, wenn Wagner oder Strauss auf dem Pult liegen. Dies hat er zum wiederholten Male mit den Mitschnitten seiner Bayreuther Aufführungen des »Rings« bewiesen.

Wie lebendig und organisch das Ganze entsteht, wie sehr das Orchester als wichtiger Partner das Drama voranträgt und den Sängern nicht nur einen sanften Rahmen zur Selbstdarstellung bietet – all das ist nichts weniger als grandios. Der Beginn des »Siegfried« ist einer der Stolpersteine, der viele Anlagen in Bedrängnis bringt: düstere und fahle Klänge, viele im selben Register spielende Instrumente, die man nur durch ihre Farben unterscheiden kann, minimale Veränderungen. Zu oft verschwimmen hier die Ereignisse, wird aus dem lebenden Organismus Orchester ein flaches und eintöniges Hintergrundbild. Die AW 180 fächern all dies mit einer packenden Griffigkeit auf und offenbaren zugleich eine ihrer Schokoladenseiten: den Oberbass- und Grundtonbereich. Hier scheinen die Endstufen eine Kleinigkeit anzureichern, dies allerdings nicht auf eine schwerfällige und wattige Art.

Dieser Frequenzbereich gewinnt bei dieser Abstimmung durch eine Griffigkeit und körperhafte Präsenz, die den Schritt vom Musikhören zum Erleben schafft. In den alleruntersten Regionen sind die 180er noch präsent, geben sich allerdings etwas zurückhaltender. Zusammen mit den plastischen Mitten und dem seidigen Hochtonbereich entsteht so ein wundervoll »echter« und involvierender Klang. Das Wagnersche Drama nimmt ab den ersten Tönen seinen Lauf und zieht mich in seinen Bann. Dass ich nur eine Konserve höre, ist mir binnen weniger Augenblicke völlig egal. Ich höre Musik!

Das dumpfe Grollen, das sauber in Kontrabässe (hinten), Pauken (links) und Celli (rechts) aufgeteilt wird, dann die Tuba, die dank der umfangreichen Stützmikrofonierung plastisch im Raum steht. Gleichzeitig bleibt der leicht gedeckte Klang des Bayreuther Grabens erhalten. Jede Bewegung auf der Bühne geschieht in meinem Zimmer, die Lautsprecher scheinen nicht mehr zu existieren.

Auch die wenig später folgenden »Schmiedelieder«, die viele Verstärker mit der Gleichzeitigkeit einer klar zu übertragenden Stimme und beinharten Impulsen des Ambosses in Bedrängnis bringen, laufen durch, ohne dass ich auf die Anlage achte. Oft bekommt die Darstellung hier einen angestrengten, einen technischen Charakter, und meine Aufmerksamkeit wird von der Musik zu den Geräten gelenkt. Mit den ECs bleibe ich beim ungestümen Siegfried, kann seine überschäumende Lebensfreude spüren, den Schweiß fast riechen.