Da ist er wieder: dieser direkte Weg zur Musik, den ich bei Electrocompaniet bisher immer erlebt habe – diesmal jedoch ohne technische Einschränkungen. Ich weiß sofort, warum dieser Name einer der bleibenden in meiner audiophilen Entwicklung ist, und es scheint, als würde unser jetziges Treffen richtig gut ausgehen. Denn die AW 180 enthalten mir in ihrer aktuellen Version kein aufnahmetechnisches Detail vor, verbinden Emotion und tonmeisterliche Wahrheit auf eine für mich perfekte Weise.

Der Konkurrenz gelauscht

Zum Vergleich hinzugezogene, extrem hochauflösende Endstufen offenbaren noch etwas mehr Luft in den höchsten Registern und bieten im Frequenzkeller eine schlankere und kontrolliertere, in einem guten Sinne humorlosere Gangart. Leider bleibt hier zum einen der Charme ein wenig auf der Strecke, zum anderen stellt dieser gnadenlosere Blick die Unzulänglichkeiten schlechter Aufnahmen schonungsloser zur Schau. Und letztlich bestreite ich mein musikalisches Leben nicht mit einer Handvoll audiophiler Sonderpressungen, sondern mit ganz normalen CDs und Platten, die häufig genug auch vom Flohmarkt stammen. Die AW 180 lassen mich also mit einem weitaus größeren Teil meiner Tonträger glücklich werden, ohne mich über ihre Stärken und Schwächen im Unklaren zu lassen. Und erweisen sich für mich somit als im höchsten Maße alltagstauglich. Die Balance macht´s.

Und so gerät der Streifzug durch meinen Plattenschrank zum Fest. Holly Cole betört mich mit ihrer eigentümlich unvollkommenen und intensiven Stimme, die sie begleitende Band steht fast greifbar um sie herum im virtuellen Raum. Schon der einleitende Trommelwirbel verbreitet neben allen vorhandenen technischen Informationen über seine Beschaffenheit eine ungemein dichte Atmosphäre, dass ich noch vor Hollys erstem Ton eingetaucht bin. Kompliment.

Frankie goes to Hollywoods »Welcome To The Pleasure Dome« liegt auf dem Teller. Eine Platte, die ich schon lange nicht mehr gehört habe, und ich wundere mich über die mangelhafte Qualität der Produktion, über die stumpfen Digitalsounds. Diese Informationen stellen die AW 180 mühelos in den Raum, machen aber zugleich klar, dass es darum nicht geht. Diese Platte macht einfach nur Spaß! Schon sind wir bei einem weiteren Thema, das seltsamerweise immer wieder diskutiert wird: Kann und darf ernsthaftes High End so viel Spaß machen? Eine Frage, die ich nicht mehr ertrage. Nicht »kann«, sondern »muss«. Wenn es beim Musikhören bei rein akademischer Betrachtung diverser Klänge und Strukturen bleibt, kann man sich sicher sein, dass man sein Geld falsch investiert hat.

Dies ist – damit wir uns richtig verstehen - kein Plädoyer für euphonische Frequenzgang-Verbieger, im Gegenteil. Ein über die Maßen verfälschtes Signal entfernt mich von der individuellen Kunst eines Musikers, anstatt mich ihr näherzubringen. Eine zu nüchterne, schon fast gebremste Wiedergabe hingegen lässt nichts von dem aufkommen, was mich bei Musik bewegt. Das Heil liegt in dem schmalen Weg dazwischen, den nur wenige Entwickler zielsicher zu beschreiten willens und in der Lage sind. Den Mannen von Electrocompaniet ist es mit den AW 180 auf den Punkt gelungen.