Erkenne Dich selbst« mahnte uns einst Chilon von Sparta. Er meinte damit natürlich den ganzen Menschen und das Wachsen der vollständigen Persönlichkeit. Allerdings lässt sich diese Aufgabe auch auf unser liebes Hobby des Musikhörens übertragen. Auch hier gilt es, sich selbst zu erkennen – spätestens dann, wenn der nächste Kauf ansteht und die richtige Wahl getroffen werden soll. Das Problem besteht nämlich darin, zunächst zu definieren, was in diesem Zusammenhang das Wörtchen »richtig« bedeutet.

Meiner Meinung nach kann »richtig« nur das sein, was zu mir, zu meinen Vorlieben, Bedürfnissen und Wünschen passt. Kein Testsieg, keine Bestenliste oder kein bester Freund kann mir die Qual der Wahl abnehmen, denn letztlich sitze ich mit der Anlage allein in einem Wohnzimmer. Und wenn dann die Musik nicht wirkt ... war das Geld falsch investiert. So kennt wohl fast jeder von uns diesen mäandernden Schlangenweg der HiFi-Karriere, der uns von Extrem zu Extrem und durch sämtliche Graustufen dazwischen führt. Wieviel Geld wir bei diesen vielen Versuchen, diesem Ausleben oft genug fremder Wünsche gelassen haben, wollen wir alle lieber nicht wissen.

Mir geht es inzwischen vor allem darum, meinen eigenen Weg zu finden, endlich anzukommen. Ein Mittel, um mich von äußeren Einflüssen, dem Reiz aktueller technischer Großtaten oder kollegialen und freundschaftlichen Tipps zu befreien, ist die Retrospektive. In Gedanken lasse ich die letzten 20 Jahre Revue passieren und versuche zu ergründen, wann ich besonders ergriffen und intensiv Musik gehört habe, welche Komponenten mir dadurch etwas klarer als andere im Gedächtnis haften geblieben sind. Beim Thema Verstärker fallen mir drei, vielleicht vier Namen ein, die aus der unübersehbaren Menge  internationaler Produkte herausstechen.

Der Weg zum Produkt

Einer davon ist Electrocompaniet. Unsere erste Begegnung fand Anfang der 80er-Jahre statt, als ich die Berliner HiFi-Welt durchstreifte und mich noch für alles Neue vorbehaltlos begeistern konnte. Nun ist es nicht so, dass mich diese Begeisterung nicht mehr packen kann, es geht nur nicht mehr so leicht. Ich hörte damals erstmals eine Verstärkerkombination des norwegischen Herstellers – und mich traf der Schlag. Das klang für mich als Musiker, der jeden Tag das Original im Ohr hat, auf Anhieb so richtig und schlüssig, dass ich es kaum glauben wollte. Dieser Klang hatte nichts mit dem damals  so weit verbreiteten Transistorgrau zu tun, er hob sich ab von den vielen scheinbar nur an Messgeräten entwickelten Verstärkern – und blieb mir in Erinnerung.