Auf den ersten Blick ist der Monoverstärker Virtus M selbsterklärend, auf den zweiten Blick entdeckt man dann aber klangrelevante Kleinigkeiten. So befindet sich auf der Rückseite nicht etwa ein Bi-Wiring-Terminal, sondern es gibt zwei Abgriffe: einen für Vier- und einen für Acht-Ohm-Lautsprecher. Auf der Gehäuseunterseite befindet sich ein Schalter, mit dessen Hilfe die Gegenkopplung ein- und ausgeschaltet werden kann. Eine sehr spannende Geschichte, wie die Hörtests noch zeigen werden. Doch damit nicht genug, denn die Virtus-Endstufe offeriert noch zwei weitere Möglichkeiten, um Einfluss auf die Klangqualität zu nehmen: Sie kann im »Trioden«- oder »Ultra Linear«-Modus betrieben werden, umgeschaltet wird ganz bequem auf der Gehäusefront. Im ultralinearen Modus ist das zweite Gitter der Röhre mit dem Ausgangstransformator verbunden, im Triodenbetrieb mit der Anode. Dass ein Verstärker gleich zwei solcher klangbeeinflussenden Optionen an Bord hat, war auch für uns ein Novum.

Wie konsequent das Thema Klangqualität im Hause Canor auf die Spitze getrieben wird, lässt sich auch an dem Umstand ablesen, dass die Endstufe keinen Cincheingang besitzt. Die Schaltung ist symmetrisch aufgebaut, und wenn sie mit einem asymmetrischen Signal, sprich Cinch, angesteuert würde, hätte dies negative Auswirkungen auf den Klang, weshalb Canor gleich ganz auf diese Option verzichtet. Respekt, so viel Rückgrat besitzen sicher nicht alle Entwickler. Die Filterkapazität im Netzeingang des Virtus M beträgt 3.900 Mikrofarad, womit sich der Einsatz eines externen Netzfilters weitestgehend erledigt hat. Des Weiteren sitzt unter der geschweißten Abdeckung eine Drossel, welche die Welligkeit der Anodenspannung effektiv unterdrücken soll. Vier KT150-Röhren, zwei ECC82 und eine 12AX7 stellen die beachtliche Leistung von 100 Watt an einer Impedanz von acht Ohm zur Verfügung. Einer unbedingten Erwähnung bedarf übrigens, dass sich sowohl Vor- als auch Endverstärker über die gesamte Dauer der Tests frei von irgendwelchen Brumm- oder Rauchstörungen gezeigt haben. Dieser Punkt, der die Beschäftigung mit Röhrengeräten sonst oftmals trübt, spielt bei Canor keine Rolle.

Einschalten und loshören

Wer glaubt, dass die Installation einer solchen Verstärkerkombination ohne Know-how funktioniert, sieht sich bereits auf den ersten Metern getäuscht. Die der Hyperion und den Virtus beiliegenden Netzkabel sollten unbedingt im Karton verbleiben, denn sie klingen muffig und müde. Wir verwendeten zunächst IsoTeks pinkfarbene Eternal-Netzkabel, welche die Wiedergabe bereits deutlich straffen. Obwohl jeder Röhrensatz bereits 48 Stunden gelaufen ist, bevor Kunden das erste Mal die »Power«-Taste drücken, braucht es laut Hersteller weitere fünfzig Stunden, bis das volle klangliche Potential der Amps abrufbar ist. Dabei muss übrigens niemand auf die Uhr zu schauen, denn der klangliche Mehrwert wird im Laufe der Zeit sehr deutlich. Doch der in unserem Fall entscheidende Schritt für höchsten Musikgenuss fehlt noch. Zum Lieferumfang von Hyperion und Virtus gehören auch solide Spikes, deren Montage sich erst auf den zweiten Blick erschließt: Dazu müssen zunächst die Filzpads unter den Gerätefüßen entfernt werden. Dann kommt ein Gewinde zum Vorschein, in das die Spikes gedreht werden. Es bohrt sich nun aber keine Spitze ins Möbel oder Rack, denn ein spezieller Spike-Schuh nimmt den Spike auf und schützt empfindliche Oberflächen. Jetzt sind wir startbereit.