Schonungslos offen waren die ersten Reaktionen auf die Ankündigung der neuen Luxus-Verstärker aus dem Hause Canor: »Wollt Ihr das wirklich machen?« Schließlich hat sich das Unternehmen in den vergangenen zwanzig Jahren mit High-End-Geräten in normalen Preisregionen einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Wer sollte diesen Erfolg jetzt mit den neuen Flaggschiff-Komponenten, die natürlich auch preislich in einer anderen Liga spielen und sich mit der Weltelite messen lassen müssen, gefährden wollen? Einer ganz sicher nicht: Geschäftsführer und Chefentwickler Zdeňek Březovják. Als i-fidelity.net im Jahr 2021 die Gelegenheit hatte, Canor einen Besuch abzustatten, konnten wir einen ersten Blick auf die neuen Komponenten werfen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch im Prototypen-Status befanden. So war beispielsweise die Entscheidung über den finalen Röhrensatz noch nicht gefallen. Rechtzeitig zur High End 2022 in München war die Entwicklung jedoch abgeschlossen und Canor präsentierte die Kombination aus Vorverstärker Hyperion P1 und den Monoblöcken Virtus M1 das erste Mal der Öffentlichkeit.

Von Canor sind wir hohen Materialaufwand und perfekte Verarbeitung gewöhnt. Diese Attribute haben die Slowaken nun bei der Hyperion P1 und den Virtus M1 in Form von massiven Aluminium-Gehäusen auf die Spitze getrieben. Beeindruckend ist natürlich schon die schlichte Masse der Komponenten, der Vorverstärker wiegt 35 Kilogramm und der Monoblock bringt gleich noch fünf Kilo mehr auf die Waage. Dieses Gewicht ruht auf soliden Füßen, die per Filz-Pad die Verbindung zur Stellfläche herstellen. Sie beherbergen übrigens noch ein Geheimnis, das wir jedoch erst später lüften werden. Eine Enttäuschung werden »Spaltmaß-Fanatiker« erleben, denn die Canor-Gehäuse sind ausgesprochen präzise gefertigt. Sicher, diese überragende Verarbeitungsqualität darf man in dieser Preisklasse erwarten, richtig ist aber auch, dass nicht jeder High-End-Hersteller sie bietet. Die Gehäuse sind in schwarzer und silberner Ausführung erhältlich, wobei Letztere optisch von dem Kontrast durch den horizontal verlaufenden schwarzen Streifen profitiert. Einzig die Fernbedienung kann den hohen Standard (noch) nicht erfüllen. Auf Nachfrage bei Canor haben wir allerdings erfahren, dass ein dem Niveau der Produkte besser entsprechendes Modell bereits in Planung ist.

Canor wäre nicht Canor, verfügten die beiden Komponenten nicht über den ein oder anderen technischen Kniff. So kommt die Class-A-Schaltung der Hyperion P1 ohne eine Über-Alles-Gegenkopplung aus. Damit sich keine Störungen vom Netz- bis in den Signalteil den Weg bahnen können, sind definierte Netzfilter im Einsatz. Das für die Regulierung der Lautstärke zuständige Potentiometer ist von ein Zentimeter starken Wänden umgeben, die zum einen für die elektrische Abschirmung sorgen sollen und zum anderen vibrationshemmende Wirkung haben. Letzteres zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Konstruktion: Nichts darf vibrieren, und Mikrophonie darf erst gar kein Thema werden. Sinnbildlich dafür stehen die Dämpfer, die auf den insgesamt sechs Röhren (4 x 6922, 2 x 6H30PI) montiert sind. Neun Hochpegeleingänge, davon vier in XLR-Version, sowie zwei symmetrische und einen analogen Ausgang bietet der Vorverstärker. Über einen Triggerausgang können die Endverstärker automatisch mit eingeschaltet werden.