Interview

mit Martin Klaasen, Geschäftsführer von IDC-Klaassen


i-fidelity.net:   Herr Klaassen, vor einigen Monaten haben Sie Canor in Ihr IDC-Vertriebsprogramm integriert. Ist ein erfolgreicher Marktstart bei ausfallenden Messen und Händlerveranstaltungen eigentlich möglich?

Martin Klaassen:   Während der letzten Messe, den Norddeutschen HiFi-Tagen im Februar 2020, haben wir uns gemeinsam mit Canor entschieden, das Produkt neu am Markt zu platzieren. Meinem Team und mir war klar, dass die Aufgabe, ein beim Fachhandel recht unbekanntes, aber dafür hochinteressantes Produkt einzuführen, zur besonderen Herausforderung wird. Sowohl dem Hersteller als auch uns war die Ausgangssituation bewusst, Zeitdruck war hier niemals ein Thema. Fehlende Messen? Eine solches Produkt über Messen einführen zu wollen, wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wenn auch das Interesse von Endverbrauchern sehr hoch ist, so steht dies im krassen Gegensatz zum Handel. Hier gilt es, vor Ort die Gespräche zu suchen. Insoweit haben wir Messen nicht vermisst. Dafür haben wir die wenigen Tage vor und zwischen den Lockdowns intensiv und recht erfolgreich nutzen können.


i-fidelity.net:   Wer sich für eine Komponente aus dem Hause Canor interessiert, muss nun bis zur Wiedereröffnung der Händler warten? Oder haben Ihre Partner und Sie Alternativ-Möglichkeiten geschaffen?

Martin Klaassen:   Alternative Möglichkeiten sind denkbar, aber logistisch kaum umsetzbar. Auch unser gut ausgestatteter Demo-Raum verwaist. Unser Wirtschaftsminister spricht von schwierigen Zeiten. Ich denke, er hat keine Ahnung, wovon er spricht. Die beste Lösung für interessierte Verbraucher ist es, uns hier bei IDC zu kontaktieren. Wir finden dann die nächstmögliche Vorführmöglichkeit und schicken eine Nachricht, sobald unsere Partner wieder vor Ort beraten können. Da kann ich an dieser Stelle nur um Verständnis und Geduld bitten.


i-fidelity.net:
  Sie vertreten auch einige englische Marken in Deutschland. In Folge des Brexit ist nun unter anderem von viel mehr Bürokratie im Warenverkehr die Rede. Hat das Auswirkungen auf Ihre Arbeitszeit?

Martin Klaassen:
   Da legen Sie den Finger in eine offene, heftig blutende Wunde. Unser Marken Q Acoustics, QED und Goldring kommen ja aus dem Königreich. Bereits am 22. Dezember des letzten Jahres teilte man uns mit, dass die Paketdienste und Speditionen keine Lieferungen nach Deutschland mehr annehmen können. Also: Lieferstopp aufgrund des Brexit. Anfang Januar erhielten wir dann die gute Nachricht: Wir können wieder versenden. Zwischenzeitlich waren Produkte im Wert von eineinhalb Monaten überfällig. Schnell trafen auch Rechnungen ein, aber von der Ware keine Spur weit und breit. Anfang Februar kamen dann die ersten Paletten an. Kommentar der Spedition: »Stand lange im Zoll.« Paletten-Inhalte und Rechnungen waren nicht deckungsgleich. Die Sendungen waren nach dem Zoll auf verschiedene Speditionen verteilt worden. Daraus folgte, dass die Sendungen nicht mehr zusammengehörig waren und weder Auftragsnummern noch Rechnungen passten. Wie soll man das nun ins System buchen?
Um etwas Ordnung ins Chaos zu bringen, haben wir häufiger bis spät in die Nacht sortiert, gebucht, korrigiert, wieder gebucht. Das ist ein Aufwand, den wir uns hier bei IDC gerne erspart hätten. Aber natürlich muss und soll die Ware wieder raus an unsere Kunden. Damit ist die Geschichte aber auch noch nicht zu Ende. An einem Spitzentag lautete der Auftrag, 19 Paletten abzuholen. Unser Hauspediteur meldete sich daraufhin ganze 48 Stunden nicht. Zwischenzeitlich kommen wieder ungeordnete Sendungen bei uns an. Wir sind kein kleines Unternehmen, aber über die Lagerkapazitäten einer Spedition verfügen wir nicht. Fruststufe 10 ist längst bei allen Mitarbeitern erreicht. Die Politik sagt, alles wird gut. Doch ich bin mir nach den vergangenen Wochen sicher, dass Politiker, die ein Unternehmen führen sollten, unausweichlich auf den Ruin zusteuern würden.