Wenn aktuell schon keine Live-Konzerte stattfinden, heißt das nicht automatisch, auf die Emotionen eines solchen Events verzichten zu müssen. Das ehemalige Genesis-Mitglied Steve Hackett tourte in den letzten Jahren mit unterschiedlichen Programmen und Besetzungen, darunter die Genesis Revisited Band & Orchestra, von deren Auftritt »Live At The Royal Albert Hall« es einen großartigen Mitschnitt gibt. »The Steppes« beginnt mit einem eindrucksvollen Sopransax-Solo. Man hört eigentlich nur ein Instrument und weiß dennoch sofort um die Raumgröße und die vielen anderen Menschen, die der Aufnahme beigewohnt haben. Nach gut 80 Sekunden kommt der Augenblick der Wahrheit, dann setzen nämlich wuchtiges Schlagzeug, fette Gitarren und intensive Keyboardklänge ein. Mit Wucht und Kontrolle schafft der Canor einen realistischen Eindruck des Geschehens und kommt dabei einem gut doppelt so viel kostenden Vollverstärker von Audionet bedenklich nahe.

Kleine und feine Strukturen

»Small Places« ist das erste Stück auf dem gleichnamigen Album von Michael Formanek. Die Musik des amerikanischen Bassisten ist auf einigen Anlagen kaum anhörbar, weil sie dort blechern und scharf klingt – nur nicht lauter machen, heißt die Devise dann. Mit dem Canor ist allerdings ein echter Konzertmeister am Werke, der vor allem das Zusammenspiel von Formaneks Bass mit Saxophon, Klavier und Schlagzeug zu einem harmonischen Ganzen fügt. »Seeds And Birdman« ist über 12 Minuten lang, es beginnt mit filigranem Spiel der Schlagzeugbecken, die Anschläge klingen nicht ganz so metallisch, wie es das Original verlangen würde, aber dem entspannten Hören kommt das in erheblichem Maße entgegen.

Drei Tage vor Weihnachten tauchte die Kompilation »Remixes« von Kraftwerk auf. Statt Neuem finden sich auf dem Album die gebündelten Interpretationen bekannter Titel, darunter alleine neun Versionen von »Expo 2000«. Warum sich eine hochwertige, auf Musikalität und Klang geeichte Anlage lohnt, zeigen Titel wie »Robotnik«, die mit druckvollem präzisen Takt marschieren, und über denen sich der akustische Himmel mit elektronischen Flächen füllt. Mit sonorem Bass arbeitet sich der Canor durch den Titel, und bei aller Härte der elektronisch musizierenden Maschinen schafft er es, die eigentliche Melodie deutlich abzubilden. Das ist Musik, bei der am Lautstärkeregler höhere Werte eingestellt werden müssen, doch die Class-D-Endstufe stellt das vor keinerlei Probleme. Auch bei höherer Lautstärke gibt es keine Einbrüche, der AI 2.10 wirkt auch nicht angestrengt. Von dem, was »normale« HiFi-Verstärker leisten können, setzt sich der Canor schließlich mit dem Titel »Aéro Dynamik« im »Hot Chip Mix« weit ab: Der federnde, pumpende Beat bildet die Grundlage, darüber schweben synthetische Stimmelemente, und schließlich krönt der große Raum die überragende Performance.