mit Dieter Bergmann, Geschäftsführer der Bergmann Electronic Service GmbH

i-fidelity.net:   Herr Bergmann, können Sie uns sagen, welchen Wandel der Service- und Reparaturbereich seit der Gründung Ihres Unternehmens im Jahr 1980 erlebt hat?

Dieter Bergmann:   Anfangs wurden bei uns hauptsächlich Fernsehgeräte und Videorekorder repariert. Ich hatte damals aber durch meine vorherige Tätigkeit als stellvertretender Serviceleiter bei Teac Deutschland – inklusive einer mehrwöchigen Ausbildung im japanischen Werk – bereits gute Kontakte zur High-End-Branche. So bekam ich dann sehr schnell Serviceverträge von Teac, Kenwood, Onkyo, Pioneer und schließlich von der neu gegründeten NAD Deutschland GmbH als Zentralservice für Deutschland. Später kamen dann noch Thule und Musical Fidelity hinzu. Schließlich folgten die Hersteller für Video-Projektoren Sanyo und EIKI. Für den aktuellen NAD-Vertrieb (Dali Deutschland) wurden wir auch als Zentralservice der Marke Bluesound autorisiert. Unser derzeitiges Portfolio kennen Sie ja von unserer Webseite.
Zur Reparatur der Geräte werden bei uns fast ausschließlich Original-Ersatzeile (bis auf wenige Allgemeinteile) verwendet. Die Ersatzteile erhalten wir von den Herstellern selbst, ein gut sortiertes Ersatzteillager je Hersteller ist bei uns vorhanden. Aufgrund unserer Personalstruktur mit ausgebildeten Rundfunk-/Fernsehtechnikern reparieren wir auf Bauteileebene, das heißt, es wird in der Regel nicht die gesamte Platine ersetzt, sondern das defekte Bauteil (IC, Transistor, Kondensator, Widerstand usw.) ausgemessen und ersetzt. Das hilft insbesondere bei Reparaturen außerhalb der Garantiezeit, die Reparaturkosten wirtschaftlich zu halten. Seit einigen Jahren ist natürlich ein PC beziehungsweise Laptop unabdingbar, um neue Software und Updates aufzuspielen.
 
 
i-fidelity.net:   Sind aktuelle Geräte eigentlich noch reparabel oder handelt es sich dabei inzwischen mehrheitlich um »Einweg-Elektronik«?
 
Dieter Bergmann:  
Aufgrund unseres Portfolios, also High-End-Komponenten, ist für fast sämtliche Geräte eine Instandsetzung sowohl im Garantierahmen für den Hersteller als auch für Berechnungsreparaturen nach der Garantiezeit für den Endkunden wirtschaftlicher als ein Austausch oder Neukauf. Falls der Service mehrheitlich durch Einweg-Elektronik durchführbar wäre, also einen einfachen Geräteaustausch, bräuchte es die Bergmann Electronic nicht mehr. Aber die Hersteller verfolgen fast ausnahmslos den Erhalt von Service-Möglichkeiten, weil sie kostengünstiger und effektiver sind.
 
 
i-fidelity.net:   Zu den Themen der Branche gehört auch Vintage-HiFi. Haben Sie einen Trend in dieser Richtung bemerkt und können Sie tatsächlich noch Service für die alten Schätzchen anbieten?
 
Dieter Bergmann:   Ein großer Bestandteil unserer Arbeiten sind Reparaturen, Wartungen, Generalüberholungen und Revisionen von alten HiFi-Preziosen fast sämtlicher Fabrikate. Sehr zu unserer Freude stellen wir einen Trend fest, dass sehr viele Kunden Reparaturanfragen stellen oder Kostenvoranschläge wünschen für sehr betagte Geräte. So reparieren wir – soweit möglich – zum Beispiel jeweils circa drei bis fünf Kassettendecks und Plattenspieler jeden Monat.
Einige namhafte HiFi-Händler bundesweit senden ihre Reparaturen im Nachgarantiebereich fast aller Hersteller zu uns. Der Vorteil hierbei besteht für den Händler darin, dass er nur einen Ansprechpartner für die meisten seiner Reparatureinsendungen hat. Ständige Kommunikation für jede einzelne Reparatur (Reparatureingangsbestätigung, Kostenvoranschlag, Rückstandsmeldung, Rücksendung usw.) gehören bei uns zur Selbstverständlichkeit.


i-fidelity.net:   Sagen Ihnen die Kunden, warum sie an ihren alten Gerätschaften festhalten? Oder haben Sie eine Idee, weshalb Entsorgung für diese Menschen keine Lösung ist?

Dieter Bergmann:   Sehr viele Kunden erzählen uns immer wieder, dass das entsprechende Gerät beispielsweise der erste Verstärker ihres Lebens war. Sie haben sich diesen in der Studentenzeit zusammengespart, empfinden den Klang immer noch als sehr gut und wollen es unter keinen Umständen entsorgen. Sollte eine Reparatur nicht mehr wirtschaftlich sein, bleibt es zumindest im Schrank als Erinnerung stehen. Bei Plattenspielern und Kassendecks liegt es auf der Hand: Der Kunde besitzt noch viele Schallplatten beziehungsweise Kassetten, welche er nach wie vor hören möchte.
 
 
i-fidelity.net:   Herr Bergmann, Sie sind am 1. April 2020 vier Jahrzehnte im Geschäft – denkt man da auch mal ans Aufhören?
 
Dieter Bergmann:  Auf Grund unserer Familiengeschichte – mein Vater Willibald gründete in den 50er-Jahren als Einzelkämpfer einen kleinen Radio-TV-Betrieb, welchen mein Bruder Jürgen um 1990 übernahm – habe ich die Elektronik mit meinen mittlerweile 66 Jahren immer noch im Blut. Zum weiteren soliden Fortbestehen der Bergmann Electronic plane ich mit meinen beiden langjährigen Mitarbeitern Michel Fischer und Marc Steppan innerhalb der kommenden zwei Jahre eine langsame Betriebsübergabe. Aber ich werde nach dieser Übergangszeit im Hintergrund immer noch mit Rat und Tat zur Seite stehen.