Aus Liebe zum Detail

Nun gibt es zwei Fraktionen von Lautsprecherentwicklern: Die einen befürworten extrem harte Membranen, die erst bei relativ hohen Frequenzen aufbrechen, dann aber starke Schwankungen in der Übertragungsfunktion offenbaren, während die anderen eher weiche Konusse befürworten, die zwar schon in den oberen Mitten Partialschwingungen zeigen, dafür aber keine starken Schwankungen im Pegel machen. Erstere muss man etwa eine Oktave unterhalb der kritischen Frequenz durch einen eher steilen Tiefpass begrenzen, während letztere mit den geringen Pegelschwankungen auch eine höhere Übergangsfrequenz mit flachen Filtern vertragen.

Dalis Entwickler zählen offenbar zu der Fraktion, die eine Vorliebe für gutmütige, weiche Membranen hat. Die Übergangsfrequenz ist bei der kleinen Mentor 2 nämlich mit 3.400 Hertz recht hoch gewählt, was wiederum die Kalotte vor allzu großen Hüben schützt. Apropos große Hübe: Untenrum wird der Konus bei etwa 37 Hertz durch eine Bassreflexabstimmung entlastet. Dalis Mentor 2 bietet zudem die Option des Bi-Wirings oder Bi-Ampings, also die Möglichkeit, Hoch- und Tieftonsektor getrennt zu verkabeln oder gar mit zwei gleichen Endstufen getrennt zu befeuern. Genug der Technik – man sieht auf jeden Fall, dass die Dänen bei der Entwicklung kein noch so kleines Detail vernachlässigt haben.

 

Musikalische Fähigkeiten

Vor dem Hörtest lasse ich die Anlage zunächst wie üblich »warm fahren«. Dabei sitze ich im Nebenzimmer am Computer und schaue mir die Unterlagen zu den Lautsprechern an, um mich schon mal mit ihrem Konzept und den technischen Details vertraut zu machen. Bei Dalis Mentor 2 fiel sofort die klare, räumlich authentische Wiedergabe auf. Lauscht man nämlich einem Lautsprecher aus einem Nebenraum und hat den Eindruck, nebenan könnte tatsächlich ein Konzertsaal sein, dann ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Lautsprecher ein gleichmäßiges Rundstrahlverhalten aufweist, also die Schallleistung über die Frequenz betrachtet relativ konstant ist und der Raum dies gut transportiert. Und bei der Dali ist dies ganz klar der Fall. Dies schraubte die Erwartungen für den eigentlichen Hörtest recht hoch. Im Hörraum wurden diese denn auch erfüllt, wenn nicht sogar noch übertroffen. Die Dalis legen eine Detailversessenheit an den Tag, die beinahe beängstigend deutlich ist. Becken haben eine selten gehörte Strahlkraft, selbst feinstes Nachschwingen lösen die Boxen klar auf. Oder Stimmen… Solisten stehen wie festgenagelt mittig, vor allem aber auch plastisch vor einem. Vielleicht fehlt es bei manchen Aufnahmen ein wenig an Brustton, doch dafür gibt es nicht den Ansatz eines grummeligen Untertons.

Klavier etwa – grundsätzlich ein Instrument, das nicht leicht aufzunehmen und auch nicht leicht zu reproduzieren ist – klingt über die Mentor 2 sehr glaubwürdig. Dafür verantwortlich zeichnet zum einen der besonders schlanke und extrem nuancierte Grundtonbereich, der ansonsten oftmals überzogen, ja mulmig klingt, und zum anderen die breitbandige Hochtonsektion, die harte Anschläge mit äußerster Präzision wiedergibt. Zu hören war das besonders deutlich bei »Caruso« auf Christian Willisohns Hybrid-SACD »Hold On«. Die Aufnahmen auf diesem Silberling, mit Equipment von Stockfisch Records verewigt, sind ausnahmslos hervorragend. Das komplexe Tonspektrum des Klaviers, aber auch der Gesang werden über die Dali-Boxen ungemein authentisch wiedergegeben. Oder nehmen wir Steve Strauss mit »Youngstown«. Auch diese Einspielung überzeugt dadurch, dass Stimme und Instrumente realistisch eingefangen wurden. Es ist schon klasse, wie die Instrumente vor den Hörsessel projiziert werden, während Steve Strauss mit seiner unnachahmlichen Blues-Stimme greifbar deutlich vor einem im Raum steht.