Sieger im Quercheck

Um mich noch einmal zu vergewissern, wo genau »ganz oben« im Qualitäts-Ranking wir uns mit dem Canor 2.10 DAC befinden, habe ich einen audiophilen Freund zum Hörabend eingeladen und ihn gebeten, seinen Chord Qutest für einen Vergleich mitzubringen. Dieser DAC stellt den völligen Gegenentwurf zum Canor dar. Ultra-kompakt ist der Chord mit 800 Gramm leichter als der Verpackungskarton des Canor. Technologisch setzt dieser britische Wandler statt auf handelsübliche D/A-Konverter-Chips auf eigens programmierte FPGAs. Unterstützt durch ein zusätzliches Linear-Netzteil von MCRU liegt der Chord preislich zwar ein gutes Drittel unterhalb des Canor. Nichtsdestotrotz gilt er als ein sicherer Qualitäts-Kantonist.

Erwartungsgemäß zeigten sich merkliche Unterschiede in der musikalischen Präsentation. Der Chord Qutest erweist sich als präzise intonierender Konverter, was von diesbezüglich sensitiven Hörern als Hang zur Härte empfunden werden kann. Der Canor DAC hingegen ließ im Vergleich keines der von Chord präsentierten Details vermissen, fügte aber ein merkliches Quantum an gestaffelter Rauminformation hinzu. Das betraf sowohl die Breite und vor allem die Tiefe der Bühne. Er schuf mehr Luft um das jeweilige Instrument, welches einfach freier atmete. Der DAC 2.10 spielte nicht durchweg frontal wie der Qutest, sondern stellte die Musik schichtweise strukturiert in den Raum. Im Song »Birds« von ihrer EP »Nameless« (24 Bit / 88,2 Kilohertz FLAC) singt Dominique Fils-Aimé gedoppelt in eher ruhigem, aber doch durchdringendem Ton. Beim Chord kommt die Stimme gefühlt von vorne. Der Canor hingegen erweckt den Eindruck, als ob die Sängerin mir viel näher ist, fast von der Seite ins Ohr singt. Die Wirkung ist eine ganz andere, viel intensivere.

Gerade im wichtigen Bereich der Mitten trumpft der slowakische D/A-Wandler permanent auf. Er entwickelt dort eine Magie, die gerade bei Instrumenten wie Gitarre oder Saxophon begeistert. Der Jazz-Klassiker »Midnight Blue« von Kenny Burrell im hochaufgelösten Remaster via Qobuz ist ein einziger Genuss, der aber niemals in eine zu sanfte Röhren-Präsentation kippt. Die Glaskolben im DAC dienen keinem Sound-Tuning mit dem Ziel der Besänftigung etwaiger Härten, sie sind vielmehr substanzieller Bestandteil eines am Ende überragenden Gesamtklangs, der durch Raumzeichnung, Ausgewogenheit und Spielfreude punktet. Gleichsam beendet der Canor die Mär, ESS Sabre-Chips würden per se hart klingen. Nicht in den Händen eines guten Entwicklers!

Dem Canor DAC 2.10 gelingt es dennoch, tendenziell anstrengende Passagen ohne Nebenwirkungen des Informationsverlusts auf angenehme Art darzustellen. Ich betone hier das Wort angenehm und sage bewusst nicht abmildernd! Beispiel: Beim Album »Live At KEXP« vom Delvon Lamarr Organ Trio spielt sich der Gitarrist für meinen Geschmack häufig zu sehr in den Vordergrund. Über den 2.10er bemerke ich zwar dessen »Gegniedel«, aber ich kann es gelassen hinnehmen und mich stattdessen an dem wunderbaren Orgelspiel des Delvon Lamarr laben. Die vom Namensgeber der Band ebenfalls übernommenen Bassmelodien profitieren dabei wieder von der herausragenden Präzision des Canor. Da orgelt es nicht einfach nur diffus in den Tiefen, stattdessen hören wir akkurat jeden einzelnen Ton, jeden Melodieverlauf der tiefen Register. Zusammen mit der druckvoll-dynamischen, gleichsam knochentrockenen Darstellung des Schlagzeugs wird daraus ein komplettes Musikvergnügen. Das Hörerlebnis wirkt im besten Sinne natürlich und echt. So habe ich bei dieser Live-Aufnahme über den Canor DAC 2.10 die ganze Zeit das Gefühl, mitten im ausgewählten kleinen Publikumskreis zu sitzen. Was kann man mehr von einer Audio-Komponente verlangen?