Nachdem Bowers & Wilkins kürzlich die überarbeiteten »Signature«-Modelle seiner Referenzserie »800« eingeführt hat, profitiert nun auch die preisgünstige Linie »600« von neuen Erkenntnissen. i-fidelity.net hat den besonders kompakten Regallautsprecher 607 S3 zum Test geordert.

Dali (Danish Audiophile Loudspeakers Industries) ging 1983 aus Skandinaviens führender Audio-Einzelhandelskette hervor und orientierte sich beim Lautsprecherbau stets an den Kundenbedürfnissen, die sie bei anderen Herstellern nicht erfüllt fand. Ein Schlüssel zum Erfolg war ein für die Kunden nachvollziehbares gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Die Basis hierfür wiederum bildete schon damals eine enge Zusammenarbeit mit den Spezialisten der besten Chassis-Hersteller dieser Welt. So lassen die Dänen maßgeschneiderte Chassis für die unterschiedlichen Einsatzzwecke in ihren Dali-Modellen fertigen. Ganze zwölf Serien hat Dali im Programm. Der Kunde hat also die Qual der Wahl. Wir haben uns für ein Modell aus der Mentor-Serie entschieden, da es einige interessante Zutaten mitbringt, die eine erstklassige Musikreproduktion versprechen.

In Dalis Mentor-Serie gibt es acht verschiedene Lautsprecher inklusive des obligatorischen Subwoofers für das Heimkino-Segment. Vom großen Standlautsprecher Mentor 8 bis zur kleinen Regalbox Mentor 1 kann der Kunde je nach Gusto sein Mentor-Heimkino-Set zusammenstellen oder ein klassisches Stereo-Paar auswählen. Die Mentor 2 ist ein wahres Kleinod mit technischen Raffinessen, die eine nähere Betrachtung lohnen. Trotz ihrer Größe und einem Volumen von nur 25 Litern sowie einem lediglich 17 Zentimeter großen Tiefmitteltöner hat die Mentor 2 dennoch das Potential, richtig erwachsen zu spielen. Gegenüber einer deutlich größeren Standbox fehlen ihr – von der »Papierform« her – lediglich ein paar Hertz Tiefgang und einige Dezibel an Maximalpegel. Ansonsten sollte sie alles mitbringen, was für guten Ton notwendig ist.

Ja, kleine Boxen haben sogar Vorteile gegenüber den großen Mehrwege-Lautsprechern, denn sie haben im wichtigen Hörbereich lediglich eine Übergangsfrequenz mit all ihren Schwächen wie Interferenzeffekten (durch Phasendrehungen und Laufzeitdifferenzen verursachte Pegelanhebungen und Auslöschungen). Die Dali weist zudem gegenüber gängigen Zweiwege-Boxen eine weitere Besonderheit auf: Ab etwa zwölf Kilohertz gesellt sich ein zusätzlicher Höchsttöner zum 28 Millimeter großen Hochtöner hinzu. Keine gewöhnliche Kalotte verrichtet hier ihre Dienste, nein, ein Bändchen macht die Musik in den obersten Tonlagen. »Downsizing« nennt man auf Neudeutsch das, was die Dänen bei der Mentor 2 bewerkstelligt haben. Bändchen sind es nämlich auch, die in Dalis größter Serie, der Megaline, für einen weiten Bereich der Musikübertragung verantwortlich zeichnen.

Vom Bändchen-Hochtöner und anderen Raffinessen

Bändchen sind im Prinzip ganz simple Schallwandler, die aber einige Vorteile etwa gegenüber Kalotten haben. Und wie funktioniert so ein Bändchen? Man nehme einen Streifen Alufolie, versehe ihn mit einer Querriffelung, spanne dieses Band zwischen zwei Magnetreihen und fertig ist ein Mittelhochtöner, der sich hören lassen kann. Während Kalotten mit einer Sicke aufgehängt und damit im Hub deutlich limitiert sind, dürfen Bändchen – oben und unten eingespannt – beinahe hemmungslos vor- und zurückschwingen. Aufhängungsbedingte Verzerrungen sind hier auf ein Minimum reduziert. Des Weiteren strahlen Kalotten den Schall in alle Richtungen ab, also auch in Richtung Boden und Decke, was zu sogenannten Frühreflexionen führt. Diese kurz nach dem Direktschall eintreffenden Reflexionen stören den Musikgenuss, da unser Gehör die beiden Schallanteile nicht sauber auseinanderhalten kann, was wiederum zu einem verwascheneren, weniger gut ortbaren Klangbild führt. Das Bändchen hingegen richtet den Schall in der Vertikalen – verhindert so also besagte Frühreflexionen – und strahlt in der Horizontalen breit ab. In der Mentor 2 kommt ein Hybrid-Hochtonmodul zum Einsatz – eben jene Hochtonbestückung aus Kalotte und Bändchen. Okay, genau  genommen ist der Höchsttöner in der Mentor 2 kein klassisches Bändchen, sondern ein isodynamischer Hochtöner.

Vom Antrieb recht ähnlich, fungiert in dieser Art Schallwandler eine feine, mit dünnen Leiterbahnen bedruckte Kunststofffolie als Membran. Durch den nahezu ganzflächigen Antrieb der Folie und den starken Magneten im Rücken schafft der isodynamische Hochtöner enorm kurze Anstiegszeiten und mithin eine sehr hohe Grenzfrequenz. Die Auflösung selbst feinster Details soll damit garantiert werden.

 

Aus Liebe zum Detail

Nun gibt es zwei Fraktionen von Lautsprecherentwicklern: Die einen befürworten extrem harte Membranen, die erst bei relativ hohen Frequenzen aufbrechen, dann aber starke Schwankungen in der Übertragungsfunktion offenbaren, während die anderen eher weiche Konusse befürworten, die zwar schon in den oberen Mitten Partialschwingungen zeigen, dafür aber keine starken Schwankungen im Pegel machen. Erstere muss man etwa eine Oktave unterhalb der kritischen Frequenz durch einen eher steilen Tiefpass begrenzen, während letztere mit den geringen Pegelschwankungen auch eine höhere Übergangsfrequenz mit flachen Filtern vertragen.

Dalis Entwickler zählen offenbar zu der Fraktion, die eine Vorliebe für gutmütige, weiche Membranen hat. Die Übergangsfrequenz ist bei der kleinen Mentor 2 nämlich mit 3.400 Hertz recht hoch gewählt, was wiederum die Kalotte vor allzu großen Hüben schützt. Apropos große Hübe: Untenrum wird der Konus bei etwa 37 Hertz durch eine Bassreflexabstimmung entlastet. Dalis Mentor 2 bietet zudem die Option des Bi-Wirings oder Bi-Ampings, also die Möglichkeit, Hoch- und Tieftonsektor getrennt zu verkabeln oder gar mit zwei gleichen Endstufen getrennt zu befeuern. Genug der Technik – man sieht auf jeden Fall, dass die Dänen bei der Entwicklung kein noch so kleines Detail vernachlässigt haben.

 

Musikalische Fähigkeiten

Vor dem Hörtest lasse ich die Anlage zunächst wie üblich »warm fahren«. Dabei sitze ich im Nebenzimmer am Computer und schaue mir die Unterlagen zu den Lautsprechern an, um mich schon mal mit ihrem Konzept und den technischen Details vertraut zu machen. Bei Dalis Mentor 2 fiel sofort die klare, räumlich authentische Wiedergabe auf. Lauscht man nämlich einem Lautsprecher aus einem Nebenraum und hat den Eindruck, nebenan könnte tatsächlich ein Konzertsaal sein, dann ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Lautsprecher ein gleichmäßiges Rundstrahlverhalten aufweist, also die Schallleistung über die Frequenz betrachtet relativ konstant ist und der Raum dies gut transportiert. Und bei der Dali ist dies ganz klar der Fall. Dies schraubte die Erwartungen für den eigentlichen Hörtest recht hoch. Im Hörraum wurden diese denn auch erfüllt, wenn nicht sogar noch übertroffen. Die Dalis legen eine Detailversessenheit an den Tag, die beinahe beängstigend deutlich ist. Becken haben eine selten gehörte Strahlkraft, selbst feinstes Nachschwingen lösen die Boxen klar auf. Oder Stimmen… Solisten stehen wie festgenagelt mittig, vor allem aber auch plastisch vor einem. Vielleicht fehlt es bei manchen Aufnahmen ein wenig an Brustton, doch dafür gibt es nicht den Ansatz eines grummeligen Untertons.

Klavier etwa – grundsätzlich ein Instrument, das nicht leicht aufzunehmen und auch nicht leicht zu reproduzieren ist – klingt über die Mentor 2 sehr glaubwürdig. Dafür verantwortlich zeichnet zum einen der besonders schlanke und extrem nuancierte Grundtonbereich, der ansonsten oftmals überzogen, ja mulmig klingt, und zum anderen die breitbandige Hochtonsektion, die harte Anschläge mit äußerster Präzision wiedergibt. Zu hören war das besonders deutlich bei »Caruso« auf Christian Willisohns Hybrid-SACD »Hold On«. Die Aufnahmen auf diesem Silberling, mit Equipment von Stockfisch Records verewigt, sind ausnahmslos hervorragend. Das komplexe Tonspektrum des Klaviers, aber auch der Gesang werden über die Dali-Boxen ungemein authentisch wiedergegeben. Oder nehmen wir Steve Strauss mit »Youngstown«. Auch diese Einspielung überzeugt dadurch, dass Stimme und Instrumente realistisch eingefangen wurden. Es ist schon klasse, wie die Instrumente vor den Hörsessel projiziert werden, während Steve Strauss mit seiner unnachahmlichen Blues-Stimme greifbar deutlich vor einem im Raum steht.

Labor-Kommentar

Wie bei so vielen kompakten Lautsprechern steigt auch bei der Dali Mentor 2 der Frequenzgang im Verlauf von den Bässen zu den Höhen im Mittel leicht an (in größeren Räumen könnte daher die Nähe zur bassverstärkenden Rückwand nicht schaden). Im Wasserfall findet man zwei Resonanzen um 800 Hertz und 2,2 Kilohertz im Ausschwingen wieder. Das Rundstrahlverhalten ist sehr gut, die Mentor 2 daher nicht aufstellungskritisch. Ebenso gutmütig gibt sich die Dali mit ihrem unproblematischen Impedanzverlauf gegenüber den Verstärkerpartnern, der Impedanzverlauf liegt erfreulicherweise immer deutlich oberhalb der 4-Ohm-Marke – eine Last, die auch Vollverstärker problemlos meistern sollten.

 

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Dänen lügen nicht. Zugegeben, der Spruch ist schon ziemlich abgegriffen, aber wenn man dem Dali-Paar lauscht und feststellt, dass die Mentor 2 kein Detail verschlucken, also alles offen legen, was gute Aufnahmen ausmacht, dann darf dieser Satz hier stehen. An den Dalis mögen sich die Geschmäcker streiten. Wer schonungslose Deutlichkeit aufgrund trockener, knackiger Grund- und Tieftonwiedergabe respektive feinauflösender Mittel- und Hochtonwiedergabe mag, der ist mit der Mentor 2 bestens bedient. Auf dem Karton würde sich die Aufschrift »Audiophiles Welcome« gut machen!     Michael Jansen

Dali Mentor 2
Paarpreis: 1.998 Euro
Garantie: 5 Jahre
sehr gut
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sehr gut
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TEST

Lautsprecher:
Dali Mentor 2
Autor:
Michael Jansen
Datum:
21.09.2009
Hersteller:
Dali