Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Schafft es ein Lautsprecher, dass ihm die Hörer reihenweise verfallen, muss er etwas Besonderes sein (was für die gegenteilige Aussage selbstverständlich in gleichem Maße gilt). So bekommen Besitzer elektrostatischer Lautsprecher von Kritikern immer wieder zu hören, dass sich ihre Schallwandler nur äußerst schwierig aufstellen ließen und dass sie nicht pegelfest seien. Zudem, so klagen sie, werde meist ein potenter Verstärker benötigt, weil sich die Impedanz locker der Ein-Ohm-Grenze nähert. Warum halten die Flächenstrahler-Verfechter trotzdem mit solcher Vehemenz an diesem Prinzip fest?

Vor ein paar Monaten bekam i-fidelity.net auf diese Frage von der Pio Sound Falcon, der kleineren Schwester der Eagle, eine klare Antwort: Sie ist schnell, bildet korrekt die Größendimensionen des Musikgeschehens ab und nervt einfach zu keinem Zeitpunkt. Für die Übertragung tiefster Frequenzen wird bei der Falcon ein konventionelles Chassis eingesetzt. Bei der 1,77 Meter hohen Eagle ist das nicht mehr notwendig. Sie ist ein Vollbereichselektrostat, der satte 32 Kilogramm auf die Waage bringt. Für ein Pärchen des mit einzigartiger Ästhetik gesegneten Schallwandlers werden 8.000 Euro fällig.

Erste Herausforderung

Die Bauhöhe der Eagle sorgt dafür, dass das Manövrieren der notwendigen Verpackungen wirklich anspruchsvoll ist. Sind die Eagles dann von ihrer Kartonage befreit, hält man automatisch inne. Was für schöne Lautsprecher! Dafür sorgt unter anderem auch die geringe Bautiefe des Panels, das auf einer soliden Aluminium-Bodenplatte zu schweben scheint und gerade mal 3,5 Zentimeter misst. Der solide Aluminiumrahmen, der die Folie einspannt, erklärt auch das Gewicht der Pio Sound. Die Anfassqualität ist wirklich klasse und niemand muss sich Sorgen um eine potentielle Zerstörung beim Verrücken des Lautsprechers während der Aufstellphase machen.

Neben dem Anschlussterminal für die Lautsprecherkabel, das sich dezent auf der Rückseite in der Fußkonstruktion befindet, gibt es noch den Netzanschluss. Der ist notwendig, weil bei einem Schallwandler diesen Typs Hochspannung für den Betrieb benötigt wird. Aber keine Angst, bei sachgemäßem Umgang kann nichts passieren. Die clevere Elektronik der Eagle sorgt übrigens dafür, dass bereits eine Zehntel Sekunde nach dem Einschalten volle Betriebsbereitschaft gegeben ist. Liegt der letzte Ton über zehn Minuten zurück, wird die Hochspannung wieder abgeschaltet. Das spart Strom und schützt die Fläche vor unerwünschten Staubablagerungen.

Dem selben Zweck dient übrigens auch der sehr feine akustische Abdeckstoff. Natürlich wäre die Freude für die Augen größer, wenn die schwingende, extrem große und vermutlich transparente Folie sichtbar wäre, aber sie ist eben auch ein hervorragender Staubfänger. Im Laufe der Zeit würde sich folglich ihr Schwingungsverhalten verschlechtern. Im Sinne der Klangqualität ist das also hervorragend gelöst. Das gilt auch für viele weitere Aspekte der gesamten Konstruktion, die erkennen lässt, dass sich hier alles andere als Branchen-Neulinge ans Werk gemacht haben.

Was verbirgt der Stoff?

Pio Sound setzt in der Eagle eine zum Patent angemeldete Technik ein, die sich »Electrostatic Elements«, kurz ESE, nennt. Dabei liegt in den Statoren des Lautsprechers Hochspannung an. Gleichzeitig werden die Leiterbahnen, die die hauchdünne Folie durchziehen,vom Musiksignal durchflossen, was die Membran ansatzlos zum Schwingen bringt. Clever ist die Lösung von Pio Sound auch deshalb, weil sich die Gesamtfläche aus vielen Segmenten zusammensetzt, die wiederum entweder Hoch- oder Tiefton abstrahlen. Die Entwickler versprechen sich von dieser Lösung eine weitere und gleichzeitig präzisere Abbildung des Geschehens.

Ganz offensichtlich haben die Entwickler vor Resonanzen des Rahmens und der ESE-Module ebenso soviel Respekt wie der Teufel vor dem Weihwasser. Mit enormer Akribie haben sie sich deshalb der Themen Verzerrungsarmut beziehungsweise Resonanzfreiheit angenommen. Und so sorgen Stahlträger im Innern der Aluminiumrahmen für eine sehr hohe Steifigkeit. Damit die ESE-Module ihre Schwingungen nicht in Form von Körperschall in diese Konstruktion ableiten können, ruhen sie auf einer eigens hergestellten U-förmigen Gummiunterlage. Auch die Rückseite der Statoren ist mit Spezialstoff bedämpft. Außer der Musik soll von der Eagle kein Ton kommen. Alle Voraussetzungen hierfür sind in Perfektion umgesetzt.

Im i-fidelity.net-Hörraum gelang die Aufstellung allen Unkenrufen zum Trotz in einem vollkommen normalen Zeitrahmen. Zum einen ist die Eagle keine Zicke, was die Anforderungen an Seiten- und Rückwände angeht, und zum anderen lässt sich mit zwei oder drei Klangbeispielen testen, wie nahe man bereits an der perfekten Aufstellung ist: Hat man die optimale Position gefunden, öffnet sich eine musikalische Bühne, die es in allen drei Dimensionen in einer solchen Qualität nur von richtig guten Flächenlautsprechern gibt.

Der Höhenflug beginnt

Mit »Probably Me« startet Mark Gillespie das Testhörprogramm. Diesen Titel hatten die i-fidelity.net-Redakteure bereits mit der kleineren Falcon gehört. Faszinierend ist zunächst die fantastische räumliche Abbildung des Geschehens. Der Autor verfügt bereits über langjährige Erfahrungen mit Maggies, hat so etwas aber nie zuvor gehört. Die Pio Sounds bilden Stimme und Gitarre realistisch und vor allem umgeben von jeder Menge Luft ab. Zudem bieten sie einen makellosen Grundtonbereich an, der so weit hinabreicht, dass eine externe Unterstützung über einen aktiven Subwoofer nicht erforderlich ist.

Natürlich tritt auch bei faszinierendster Detailabbildung ein Gewöhnungseffekt ein. Ist die Überbeeindruckung der Anfangsstunden nach einiger Zeit gesunken, genießt man einfach nur die in Teilen unfassbare Transparenz und Klarheit der Wiedergabe gepaart mit dem kinoleinwandgroßen Abbildungsverhalten. Diese Leichtigkeit überträgt sich auf den Hörer, der natürlich in Abhängigkeit vom Programmmaterial sehr anständige Entspannungseffekte feststellen wird. Für Stilrichtungen wie Heavy Metal, die gerne in hohen Lautstärken konsumiert werden, sind die Eagle übrigens nicht der richtige Partner.

Mit elektronischer Musik hingegen, die sich beispielsweise auf dem neuen Album »Sonne« vom Projekt Schiller findet, beginnen die Eagle ihrem Namen alle Ehre zu machen: Sie setzen zum akustischen Höhenflug an. Klangteppiche erstrecken sich zwischen den Schallwandlern über mehrere Quadratmeter, Phasendrehungen in der Musik sorgen dafür, dass ein akustisches Hologramm entsteht, das im Bereich konventioneller Lautsprecher nur die besten und das heißt deutlich teureren Lautsprecher schaffen.

Schließlich kehren wir aber wieder zu akustischem Material zurück. Wer tatsächlich hören beziehungsweise erleben möchte, welche Klasse die Einspielung von »Ain't No Sunshine« mit Eva Cassidy besitzt, muss diese Aufnahme einmal mit den Eagles hören. Vom Original eigentlich nicht zu unterscheiden ist die Gitarre – die Feinzeichnung ist mustergültig, selbst mikroskopische Details sind zu vernehmen. Die Stimme: gefühlvoll, echt und verständlich. Mit dem später hinzukommenden Piano wird das Bild vollständig. Musik für Leib und Seele perfekt intoniert von einem überragenden Flächenlautsprecher, der sich mit folientypischer Leichtigkeit den Referenz-Titel in dieser Kategorie schnappt.

Laborkommentar

Die klassischen Ein-Meter-Messungen (Mikrofonposition in 1 Meter Höhe und 1 Meter Abstand) sind bei elektrostatischen Lautsprechern mit Vorsicht zu genießen. Vor allem sollten sie nicht auf der Goldwaage landen. Wesentlich aussagekräftiger ist da die Messung des Raumakustikfrequenzgangs, der bei der Pio Sound Eagle sehr ausgewogen ist. Das Impedanzminimum von 1,7 Ohm bei 10 kHz ist typisch für das Konstruktionsprinzip.

Hersteller:   Pio Sound, Holland
Modell:   Eagle
Vertrieb:   Audio Reference, Hamburg

Konstruktionsprinzip:   Zwei-Wege-Elektrostat

Besonderheiten

  • Ein-/Ausschaltautomatik für Hochspannung
  • ESE-Modul
  • ADS (aktive Folie)
  • Verbessertes Abstrahlverhalten
  • Extrem resonanzminimiert


Abmessungen (B x H x T):   36 x 177 x 3,5 cm
Abmessungen Sockel (B x H x T):   20 x 5 x 31 cm

Gewicht:   32 kg

Paarpreis: 
  8.000 Euro
Garantie:   3 Jahre (nur mit Audio-Reference-Registrierung)

 

Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg

Tel.:   0 40 / 53 32 03 59
Fax:   0 40 / 53 32 04 59


E-Mail:   info(at)audio-reference.com
Internet:   www.audio-reference.com

Ohne Frage sind die Pio Sound Eagle gleich in mehrfacher Hinsicht Ausnahme-Elektrostaten: Die makellose Verarbeitung, innovative Technik, ein wunderschönes Erscheinungsbild und die überragende Klangqualität machen ihn zum hochattraktiven, wirklich begehrenswerten Produkt. Referenz-Status bei den Flächenlautsprechern ist die direkte Folge. Aus diesem Grund hat i-fidelity.net diesem majestätischen Lautsprecher in Bezug auf den Hörraum auch Ausgangsverbot erteilt!   Olaf Sturm

Pio Sound Eagle
Paarpreis: 8.000 Euro
Garantie: 3 Jahre (nur bei Registrierung)
überragend
gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Lautsprecher:
Pio Sound Eagle
Autor:
Olaf Sturm
Datum:
31.10.2012
Hersteller:
Pio Sound