Canton hat seine Top-Lautsprecherlinie überarbeitet. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass die »Reference K«-Serie seit 2015 bis heute Maßstäbe setzt. Mit den neuen Standboxen Reference 3 begibt sich i-fidelity.net auf eine Reise in die Welt des Wohlklangs.

Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl bemühte bekanntlich nicht nur gern die »Ge'chichte«, sondern er meinte auch, dass »entscheidend sei, was hinten rauskommt«. Im High End ist das nicht anders als in der Politik. Würde man jedoch nur die Ergebnisse betrachten, hieße das in letzter Konsequenz, dass Testberichte wie dieser im Grunde überflüssig sind, weil sich niemand für technische oder finanzielle Details einer High-End-Komponente interessierte. Fragen nach der technischen Umsetzung und dem klanglichen Gegenwert der Investition in einen Phono-Vorverstärker machen aber gerade einen Teil der analogen Faszination aus, und deshalb soll der Blick hier vermehrt auch auf das gerichtet werden, was vorne reinkommt und wie.

Ein exzellentes Laufwerk plus passender Arm-Tonabnehmer-Kombination ist Voraussetzung, um Musikinformationen möglichst verlustarm aus der Rille zu holen. Das ist nichts Neues. Auch nicht neu, aber immer wieder faszinierend ist es, wie kleinste Signalspannungen von Tonabnehmern überhaupt aufgenommen, von Phonovorstufen sozusagen ins Boot geholt werden können, bevor sie in einem Meer aus Rauschen zu ertrinken drohen. Keine leichte Aufgabe, die Phonoverstärker dabei zu bewältigen haben. Da Fachkräfte für gewöhnlich ihren Job besser erledigen als Hilfsarbeiter, wird die Phonostufe schnell zum unverzichtbaren Glied in der High-End-Kette für alle, die es mit der analogen Wiedergabe wirklich ernst meinen. Und der Silver Cube ist so ein Spezialist, wie ein Blick auf die Technik zeigt.

Passiv, aber nicht untätig

Damit seine Arbeit von Anfang an nicht unnötig erschwert wird, ist das Gehäuse aus einem massiven Aluminium-Block gefräst und bietet damit äußeren Störfeldern keine Möglichkeit, durch noch so kleine Gehäuseöffnungen einzudringen und die Elektronik zu stören. Die soll auch kein Trafo elektromagnetisch verschmutzen, deshalb sind er und seine Helfer für Gleichrichtung und Siebung in einem eigenen Domizil untergebracht. Die Elektronik des Audioteils verrichtet ihren Dienst nach dem Prinzip der passiven Entzerrung, wobei der Frequenzgang ohne Gegenkopplungsverzerrungen korrigiert wird.

Im Klartext: Das Eingangssignal wird erst einmal angemessen verstärkt, danach gefiltert und am Ausgang noch einmal ordentlich verstärkt. Dabei hebt die erste Verstärkerstufe alle Frequenzen linear, also gleich stark an, anschließend werden im Filter dann nur noch die hohen Frequenzen abgesenkt. Das Filter korrigiert dadurch die Veränderung des Frequenzgangs, wie sie beim Schneiden der Schallplatten auftritt. Um den Frequenzgang bei der Wiedergabe allerdings sauber zu rekonstruieren, muss das Filter im Betrieb zu jeder Zeit das genaue Spiegelbild der Verzerrungskurve abbilden. In der Theorie leichter einzulösen als in der Praxis, verlangt diese Forderung eng tolerierte Bauteile und wirkt zurück auf die Gesamtschaltung, die mit Operationsverstärkern im Eingang und Ausgang leichter umzusetzen ist als mit Röhren. Denn mit ihren geringen Ausgangs- und hohen Eingangswiderständen belasten die Verstärkerstufen das zwischen ihnen liegende Filter kaum.

Lehmannaudio baut kein Spielzeug

Norbert Lehmann greift bei der Eingangsstufe auf professionelle Studiotechnik zurück, am Ausgang vertraut der Ingenieur auf Class-A-Technik mit FET-Transistoren. In beiden Verstärkungsstufen kommen besonders rauscharme Operationsverstärker zum Einsatz. Überhaupt bezeugen feine Bauteile wie Zinnfolienkondensatoren, nicht-magnetische Widerstände, vergoldete Einbaubuchsen und Gehäuse-Absorptionsfüße den Aufwand, der insgesamt getrieben wird.

Der Silver Cube bietet vier Verstärkungsfaktoren für unterschiedlich empfindliche Tonabnehmersysteme. Praxisgerecht gewählt, lassen sie sich über zwei Kippschalter einstellen. Leider liegen diese, wie auch die beiden kanalgetrennten DIP-Schalter zur Anpassung von Impedanz und Kapazität, an der Rückseite des Gehäuses. Wünschenswert, weil einfacher zu bedienen, wären Drehregler an der Vorderseite des Audioteils, was allerdings der schlichten, geradlinigen Konstruktion des Silver Cubes abträglich wäre. Man kann eben nicht immer alles haben und mit dem wichtigsten Punkt, der Klangqualität hat das ja auch nichts zu tun.

Echten Analog-Genießern mit Spiel- und Probiertrieb, mehreren Laufwerken und Tonabnehmersystemen könnte vielleicht auch der zweite Anschluss fehlen, durch den sich das Umstöpseln der Cinch-Stecker und das Einstellen der DIPs zumindest teilweise vermeiden ließe – aber aus Erfahrung wissen wir, dass diese ambitioniertesten aller Hörer natürlich auch immer mehrere Phonovorverstärker im Einsatz haben. Vorbildlich bedienungsfreundlich gelöst ist der lötfreie Einbau einer Wahlimpedanz durch Steckplatz. Und die Frage nach der richtigen Netzkabelpolarität lässt Norbert Lehmann durch einen technischen Kniff im Netzteil ebenso hinfällig werden wie mögliche Probleme mit Potentialausgleichsströmen – der Mann weiß definitiv, was er tut.

Von wegen ertrinken

Beim Hören wurde schnell klar, dass schon ein Schwergewicht von Tonabnehmer her muss, um das Potential des Probanden Silver Cube gänzlich auszureizen. Lehmanns Empfehlung, das Mehrfache eines Tonabnehmers in den Phono-Vorverstärker zu investieren, ist deshalb nicht so zu verstehen, dass es für Tonabnehmer keine Grenzen nach unten geben sollte. Von einem Tangential-Haudegen Sony PS-X800 geführt, konnte der günstige MM-Allrounder Vinyl Master Red von Ortofon seine natürlichen Klangfarben und seine Musikalität bei allen Arten von Musik ganz und gar zur Geltung bringen. Aber seine limitierten Möglichkeiten genügten beileibe nicht, den Silver Cube an seine Grenzen zu bringen – da musste das Ortofon-System zwangsläufig passen.

Ein Benz ACE L mit sehr geringer Ausgangsspannung nötigte dem Silver Cube schon mehr Einsatz ab. Eine Aufgabe, der er sich mit Engagement und Können annahm und die in überragend sauberer und lebendiger Wiedergabe resultierte. Da ging kein Detail verloren – im Gegenteil. Wenn zigmal gehörte Scheiben auf einmal anders, »besser« klingen, liegt es natürlich auch am System. Das wirkte hier aber eher wie ein Katalysator und brachte den musikalischen Fluss erst richtig in Gang. Mit dem Benz kamen Stimmen klar artikuliert und gut durchgezeichnet über den Silver Cube, und erst mit ihm am Arm des Sony-Veteranen konnte der Silver Cube seine Möglichkeiten ausschöpfen und die Musik tonal perfekt ausgewogen, präzise und mit körperhafter, plastischer Abbildung rüberbringen. Dass er dabei den dynamischen Klang des Benz unverfälscht wiedergab, zeigt nur noch mehr, wie musikalisch ehrlich der Silver Cube agiert.

i-fidelity.net: Worin sehen Sie die wesentlichen Vorzüge des Silver Cube gegenüber anderen Phonovorstufen?

Norbert Lehmann:
Die ruhige, souveräne und unverfärbte Wiedergabe macht den Silver Cube auch beim Vergleich im Markt einzigartig. Die Rauscharmut speziell bei MC-Wiedergabe liegt dabei an der Grenze des ohne Eingangstrafo technisch erreichbaren Niveaus. Nur die Musik soll übertragen werden, und zwar so, wie sie aufgenommen wurde. Wer einen Silver Cube erwirbt, hat sicher keine Fehlerkompensationskette, da das Gerät auch Kleinigkeiten im Gesamt-Setup aufzeigt.

i-fidelity.net: Der Silver Cube galt schon kurz nach seiner Präsentation im Jahr 2002 als hervorragende Phonovorstufe. Haben Sie das Gerät inzwischen noch weiter verbessert?

Norbert Lehmann:
Seit 2002 wurden folgende Verbesserungen durchgeführt:

  •     Tausch der Netzteil-Elkos gegen spezielle Low-ESR Typen
  •     Tausch der beiden Spannungsverstärkungsstufen im Audioteil gegen rausch- und klirrärmere Typen.
  •     Tausch der Widerstände im Kleinsignalpfad gegen noch rauschärmere, nichtmagnetische Typen der japanischen Firma TKD
  •     die Audio-Steckverbinder sind inzwischen WBT-Nextgen
  •     die Gerätefüße von Netzteil und Audioteil sind inzwischen serienmäßig Netpoints von SSC
  •     die Sicherung ist inzwischen serienmäßig von ahp.

Diese Auflistung zeigt Ihnen, dass wir die Geräte kontinuierlich weiterentwickeln.

i-fidelity.net: Bei seiner Präsentation kostete der Silver Cube 2.500 Euro. Heute liegt der Verkaufspreis bei 3.500 Euro. Worin liegt diese Preiszunahme vor allem begründet?

Norbert Lehmann: Die Gehäusequalität wurde gegenüber der Markteinführung deutlich – und entsprechend aufwendig – verbessert, und auch die ausgetauschten Teile sind allesamt zum Teil erheblich teurer. Wenn man nur beispielsweise die Nextgen-Buchsen und die SSC Netpoints nimmt, erhält man schon einen Aufschlag von deutlich über 200 Euro. Auch die nichtmagnetischen TKD-Widerstände im Kleinsignalpfad sind ein echter Kostenfaktor. Zusätzlich sind aber natürlich auch ganz allgemein in vielen Bereichen die Kosten gestiegen. Der Silver Cube findet ja nun inzwischen seit über neun Jahren seine Kunden.

i-fidelity.net: Bereits für einen Bruchteil dieses Betrages gibt es gut klingende Phonovorstufen, und Sie selbst bieten mit den Black-Cube-Modellen ebenfalls relativ günstige Phonos an, die auch weltweit Beachtung finden. Wann und warum sollte man Ihrer Meinung nach eine Mehrinvestition in höherpreisige Phonoverstärker wie den Silver Cube tätigen?

Norbert Lehmann:
In der Tradition von Lehmannaudio wird größter Wert darauf gelegt, dass die Kunden bei Erhöhung des Budgets auch ein Mehr an Performance bekommen. Wer plant – oder schon in der glücklichen Lage ist –, mit einem Analog-Setup (Plattenlaufwerk, Tonarm, Tonabnehmer, Phonokabel) auf Top-Niveau zu hören, wird auch bei der Berücksichtigung der Phonostufe sinnvollerweise ein dazu passendes Gerät wählen. Es kann dabei nützlich sein, sich vor Augen zu führen, dass MC-Tonabnehmer für mehrere tausend Euro einem Verschleiß ausgesetzt sind, der je nach Tonabnehmer Kosten in einem ganzzahligen Euro-Betrag pro Spielstunde verursachen kann. Dann ist hinterher der Tonabnehmer weg und die Phonovorstufe spielt immer noch, ohne weitere Kosten zu generieren. Nach meiner eigenen Erfahrung ist es aber auch vom klanglichen Ergebnis her sinnvoll, für die Phonovorstufe durchaus das Mehrfache des vorgesehenen Tonabnehmer-Budgets einzuplanen.

i-fidelity.net:
Für die Mehrinvestition darf der Kunde zu Recht nicht nur ein überragendes Klangerlebnis erwarten, sondern auch hervorragende Verarbeitung, Zuverlässigkeit und eine lange Lebensdauer. Wie gewährleisten Sie die Qualität Ihrer Produkte?

Norbert Lehmann: Selbstverständlich wird bei Lehmannaudio schon bei der Entwicklung der Geräte großer Wert auf langlebige Komponenten gelegt. Jedes Gerät, das unser Haus verlässt, wird einzeln getestet. Hier passen wir die Testroutinen unseres Audio-Precision- Messplatzes und die zusätzlichen Tests den sich eventuell ändernden Gegebenheiten an. Zu den schönsten Erlebnissen gehören Updates für Kunden, die sich vor Jahren für ein Lehmannaudio-Gerät entschieden haben und es dann – sofern möglich – auf den neuesten Stand bringen lassen, um danach viele weitere Jahre glücklich Musik zu hören.

Eingänge:  Cinch x 2
Ausgänge:   Cinch x 2

Sonstige:
   Masseanschluss x 1, Spannungsversorgung x 1

Verstärkungsfaktoren:
   37dB, 47dB, 56dB, 66dB

Eingangsabschluss:
   47 KΩ, 1KΩ, 100Ω und andere durch Steckplatz
Eingangskapazität:   47pF, 100pF, 220pF, 470pF und Kombinationen

Abmessungen  (B x H x T):    30 x 5 x 19 cm
Gewicht:   6 kg

Besonderheiten:
   Separates Netzteil

Verkaufspreis:
   3.999 Euro
Garantie: 2 Jahre

 

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Der Silver Cube ist wie ein erlesener Kleinserien-Sportwagen: Edel die Karosserie, überzeugend die Technik, verlangt er geradezu danach, so richtig ausgefahren zu werden. Dazu sind aber fähige Partner in Gestalt gediegener Laufwerke und hervorragender Tonabnehmer nötig. Alles andere wäre eine Verschwendung seiner Möglichkeiten. Die Voraussetzungen für überragende Leistungen bringt der Silver Cube allemal mit. Das wunderbare Vergnügen klanglichen Hochgenusses, welches diese Phonostufe bietet, rechtfertigt eine Mehrinvestition allemal – ein High-End-Highlight aus dem Lehrbuch!     Ramon Harland

Lehmannaudio Silver Cube
Preis: 3.999 Euro
Garantie: 2 Jahre
überragend
sehr gut
sehr gut
sehr gut

TEST

Verstärker:
Lehmannaudio Silver Cube
Autor:
Ramon Harland
Datum:
09.09.2011
Hersteller:
Lehmannaudio