Keine Frage, True-Wireless-Kopfhörer haben den Markt erobert. Dafür ist vor allem der umfangreiche Komfort verantwortlich, welcher in der Regel aus Freisprechoption, aktiver Geräuschunterdrückung, einfacher Bedienung und Miniaturisierung besteht. Die Komplexität der Materie führt allerdings dazu, dass sich nicht viele Unternehmen an eigenständige Entwicklungen herantrauen oder sich diese leisten können. Da wird dann gerne ein No-Name-Serienprodukt zugekauft, auf dessen Ausstattung und Qualität man keinen Einfluss hat. Diese Aspekte sind scheinbar auch nicht so wichtig, denn in diesem Marktsegment geht es vielen Unternehmen nur um den Preis. KEF gehört definitiv nicht zu diesem Kreis. Mit dem Mu3 zeigen die Briten ganz im Gegenteil, wie eine seriöse Entwicklung funktionieren kann. Man muss es nur wollen.

In der Vergangenheit hat das KEF-Team schon häufig mit der Mannschaft des Londoner Designers Ross Lovegrove zusammengearbeitet, erstmals beim skulpturartigen Lautsprecher Muon. Zusammenarbeit ist hier tatsächlich wörtlich zu nehmen, denn es war mitnichten so, dass zuerst die äußere Hülle entstand, die dann mit der Technik gefüllt wurde, oder anders herum. Die im britischen Maidstone ansässige Forschungs- und Entwicklungsabteilung von KEF wies die Designer immer wieder auf die beiden klangrelevanten Punkte hin: Tragekomfort und fester, dabei aber bequemer Sitz. Letzteres hört sich nach einer Nebensächlichkeit an, aber Dr. Jack Oclee-Brown, KEFs Entwicklungschef, vertritt die Meinung, dass der korrekte Sitz im Ohr fünfzig Prozent der Performance ausmacht. Diese Information bekommt noch mehr Bedeutung, wenn man sich klar macht, wie unterschiedlich menschliche Ohren geformt sein können.

Was bedeutet das für den Mu3? Er ist nicht im ersten Anlauf entstanden, sondern es bedurfte mehrerer, intensiver Prototypen-Runden bis zum Endprodukt. Dabei wurde an der physischen Erscheinung wie an der Elektronik so lange justiert, bis Form und Inhalt schließlich übereinstimmten. Ergebnis ist ein organischer Hörer, der sowohl in seiner grauen als auch in seiner silbernen Ausführung wunderschön ausschaut, mit sechs Gramm sehr leicht ist und sich im Handling als einfach entpuppt. Über die mit USB-C-Anschluss versehene Ladebox lässt sich der Hörer aufladen, um dann bis zu neun Stunden ohne Auftanken spielen zu können. Sind die Energiereserven des Mu3 aufgebraucht, reichen bereits fünf Minuten in der Ladebox aus, um anschließend eine weitere Stunde Musik hören zu können. Insgesamt bietet die Ladebox Reserven für zusätzliche 15 Stunden, was jeden Interkontinentalflug locker abdeckt. Ein gutes Stichwort, denn mit der im Mu3 eingebauten aktiven Geräuschunterdrückung verschwindet der Lärm der Triebwerke aus der akustischen Wahrnehmung. Dank der eingebauten »Ambient«-Funktion, die durch einen kurzen Druck auf den linken Hörer aktiviert wird, kann Kommunikation stattfinden, ohne dass die Lovegrove-Perlen aus den Ohren genommen werden müssen.