Zeit, sich die audiophile Brille wieder aufzusetzen, die Augen zu schließen und die favorisierte Jazz-Playlist zu starten. Im Verlauf mehrerer Stücke fällt auf, dass auch die unteren Oktaven wie ausgeleuchtet durchhörbar sind, schlackenlos und doch voller subtiler Schattierungen. Kontrabässe klingen straff-trocken und haben die gebotene Autorität, zugleich wahrt die Discovery in Momenten sonorer Fülle eine stimmige Relation zum Gesamtbild. Zu mittlerweile vorgerückter Stunde ist die Playlist bei einem persönlichen Favoriten angelangt: »The Way Some People Live«. Die Stimmung des Augenblicks, die Intimität des Titels und diese Lautsprecher – das scheint füreinander geschaffen, die Darbietung ist zutiefst atmosphärisch. Bassist Thomas Morgan und Schlagzeuger João Lobo leiten das Thema ein und die Discovery erzählt mit lyrischer Hingabe eine Episode von Besen und Becken, die sich zaghaft begegnen. Sie zelebriert das gefühlvolle Streichen und Tupfen, den wundervollen Glanz der Becken, die mit feinsten Obertönen ausklingen. Dabei wirkt ihr Agieren distinguiert, die Discovery entsagt jeder Prise vordergründiger Brillanz und lädt stattdessen ein, natürliche Klangfarben zu entdecken.

Dieselbe Charakteristik zeigt sich auch bei dem von Manfred Eicher im Historischen Reitstadel in Neumarkt aufgenommenen Album »Prism IV« – dem vorletzten Teil der 2018 eröffneten Reihe, in dem das Danish String Quartet die späten Streichquartette Beethovens Werken des 20. Jahrhunderts und Fugen aus dem ersten Teil des »Wohltemperierten Klaviers« von Bach gegenüberstellt. Die Discovery lässt hier die Violinen mit authentischer Prägnanz erstrahlen, in prächtigen Farben und lupenrein. Zudem verschafft sie der Wärme der Bratsche neben der höchsten Saite des Cellos Geltung und gewährt den Musikern gebührenden Freiraum auf einer großzügig angelegten Bühne.

Die braucht es nicht, um das Album »No No« von Carolin No richtig in Szene zu setzen, vielmehr geht es hier um das, was auf den wenigen Zentimetern zwischen Mikro und Sängerin passiert. Auf engstem Raum entsteht die Magie dieser ehrlichen Produktion, die den ausdrucksstarken Vortrag von Sängerin Carolin Obieglo in den Vordergrund rückt und nicht zuletzt wegen ihrer Dynamik den Komponenten einiges abverlangt. Die Wilson Benesch ist hierbei ganz in ihrem Element, schafft eine dichte Atmosphäre, wenn Carolin Obieglo bei »Rückenwindstill« anfangs nur vom Piano begleitet singt. Sie stellt das imaginäre Abbild der Sängerin mit messerscharfen Konturen sowie richtig proportioniert in den Raum und setzt die Energie ihrer Stimme auch in leisen Passagen frei. Gleichzeitig spielt sie hier tonal geschlossen auf den Punkt und kann den Gesang tatsächlich natürlich wirken lassen.

Meistern der Königsdisziplin

Um Eydís Evensen war es subjektiv empfunden eine Zeit lang ruhig geworden, dabei sind kaum zwei Jahre vergangen, seitdem die isländische Komponistin und Pianistin ihr Debüt »Bylur« veröffentlichte. Verständlich, dass ihre schnell wachsende Fangemeinde zwischenzeitlich Ungeduld verspürte, denn einmal in die Tiefen ihrer hochemotionalen Werke abgetaucht, entfalten sie regelrecht Suchtpotential. Nach der EP »Frost« gibt die inzwischen international beachtete Künstlerin jetzt mit der Single-Auskopplung »Tephra Horizon« einen weiteren Ausblick auf das für Mai angekündigte Album »The Light« – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen, 2022 veröffentlichten Single. »Tephra Horizon« handelt von einem Vulkanausbruch und wurde wie alle vorherigen Produktionen von ihrem Landsmann Valgeir Sigurðsson eingespielt, der unter anderem für Björk am Mischpult saß. Ein Konzertflügel, eingefangen in einer makellosen, behutsam nachbearbeiteten Aufnahme – das ist eine der Königsdisziplinen für eine Anlage. Eine Prüfung, bei der die Discovery 3zero ihr ganzes Potential einbringen und eindringlich demonstrieren kann, worauf es ankommt: Das Gehörte bildet eine Einheit. Der Klangfarbenreichtum, die Dimension des Instrumentenkörpers, ja selbst der dynamische Umfang des Flügels wird glaubhaft dargeboten und zu einem schlüssigen Ganzen zusammengeführt. Zugleich bringt mir die Discovery mit feinfühliger, illustrativer Spielweise die erhabene Schönheit, die jede Note dieser Komposition ausstrahlt, ganz nahe – intensiver wird es wohl nur werden, wenn ich Eydís Evensen im Juni in der Elbphilharmonie erlebe.