Der Class-A-Modus zeichnete die leichte Kühle der Aufnahme gnädiger nach und verlieh der virtuellen Bühne nachvollziehbar mehr Tiefe, zog aber einen kleinen Vorhang zu. Der Drummer bearbeitete seine Instrumente dezenter, das musikalische Geschehen verlor minimal an Biss.

Dieser erste Eindruck bestätigte sich auch bei »Folsom City Blues«, einem oft gehörten Stück des vor zehn Jahren verstorbenen Country-Sängers und Songwriters Johnny Cash. Packend, mitreißend und analytisch gab der Vincent das Arrangement und den Sänger wieder. Class A kappte die kehligen Spitzen in der Stimme und nahm der Aufnahme etwas an Tempo, ohne den musikalischen Fluss zu bremsen.

Die wahre »A«-Klasse

Bei Popmusik konnte man noch diskutieren, ob das etwas gnädigere Class A oder alternativ die packendere Gangart im A/B-Betrieb die bessere Wahl ist. Bei Klassik schlug das Pendel hingegen eindeutig zugunsten des reinen A-Betriebs aus. Deutlich nachvollziehbar war dies bei Beethovens Piano Concertos 2 & 4 unter Sir Colin Davis. Die Quadrophonie-Aufnahme aus dem Jahr 1974 wurde vom holländischen Label Pentatone aufpoliert und als Mehrkanal-SACD mit einer Extra-Stereo-Spur wieder veröffentlicht. Man merkt der Aufnahme heute noch an, wie liebevoll die Toningenieure vor vierzig Jahren mit Stützmikrofonen und der ausgeklügelten Positionierung der Musiker den besten Klang eingefangen haben. Und wie sich das Label Pentatone mit eigens entwickelten Röhren-Verstärkerstufen und klangoptimierten Kabeln um authentische Wiedergabe bemühte. Der Vincent SV-800 unterschlug nichts von der Klangfülle der remasterten Bänder und bildete die Instrumentengruppen fast sichtbar an ihren vorgegeben Plätzen ab. Der Hybrid-Vollverstärker zeigte akustisch, wie die Hände des Pianisten die Tasten bearbeiten, er übermittelte jede Nuance der Anschläge an die Boxen. Der Class-A-Betrieb ließ noch etwas mehr vom Korpus der Instrumente durchschimmern und betonte nochmals mehr den Schmelz der Streicher. Der Flügel drängt sich weniger in den Vordergrund, die Töne lebten noch mehr von der Resonanz des Klangkörpers.

Der Vorteil von Class-A zeigte sich nicht nur bei großem Orchester. Auch bei kleinen Besetzungen (wie dem Jacques Loussier Trio mit Bachs »The Brandenburgs« vom amerikanischen High-End-Label Telarc) unterstrich Class A die räumlichen Strukturen. Fast auf den Zentimeter genau durfte der Hörer die Stationen der Drum-Sticks lokalisieren. Sauber abgesetzt kontrastierte der gezupfte Bass, über allem dominierte der Flügel und gab das Tempo und die Melodienbögen vor. Im gängigen A/B-Betrieb klang der Flügel vordergründiger, auf einer Linie reihten sich Klavier und das Schlagzeug ein. Dass der Punch des Schlaginstruments mit Class-A etwas weniger kerniger wirkte, wurde zur unwichtigen Nebensächlichkeit.

Bei soviel Hingabe für natürliche Wiedergabe dank opulenter Röhrenbestückung hätte dem Vincent SV-800 vielleicht noch ein Phono-Eingang gut getan, den es als Vincent PHO-700 (um 500 Euro) allerdings in hervorragender Qualität als separate Einheit gibt. Im Class-A-Betrieb heimst er sich jedenfalls frenetischen Applaus des Publikums ein!