Gehören Sie zur »alten«, also der analogen Welt oder sind Sie ein Kind des digitalen Zeitalters? Diese Frage stellt sich häufiger, als man glaubt. Schließlich ordnen sich die meisten Audio-Hersteller ebenfalls einer dieser beiden Gruppen zu. Sollen beide Fraktionen zufriedengestellt werden, dann muss heute beispielsweise ein Verstärker mindestens mit analogen und digitalen Eingängen bestückt sein. Darüber hinaus müssen sie auch Musik, die von Smartphones oder Tablets kommt, akzeptieren. Nun bringt ein solches Ausstattungspaket automatisch Komplexität mit sich. Diese wirkt wie eine Last auf der Bedienungsfreundlichkeit. Doch es gibt Lösungen für diese Problematik. So verfügt der neue SV-737 von Vincent über einen Knopf, mit dem man zwischen digitalen und analogen Eingängen umschalten kann.
Daraus resultiert eine Doppelbelegung der Tasten beziehungsweise eine Halbierung der Eingangsknöpfe, je nachdem wie man es sehen möchte. Ich finde dieses Konzept klasse, denn es verhindert, dass die schöne, in Schwarz oder Silber zu bekommende Frontplatte zu einem Knöpfchengrab verkommt. Kabelgebunden lassen sich sechs analoge und vier digitale Verbindungen zum Vincent herstellen, was mehr als genug ist. Hinzu kommen die Möglichkeiten, den SV-737 ins WLAN einzubinden, um dann beispielsweise Musik von einer NAS zu hören, oder den Amp per Bluetooth direkt vom Smart-Device aus anzusteuern. Für die Verbindung zum Sender besitzt der Verstärker getrennte Antennen. Neben der Tatsache, dass es solide Anschlüsse für zwei Lautsprecherpaare gibt, ist ferner bemerkenswert, dass sich der Vincent zwischen Vor- und Endverstärker auftrennen lässt. Daraus ergeben sich zusätzliche Betriebsmöglichkeiten wie Bi-Amping oder die Verwendung als nur Vor- oder nur Endstufe. Schließlich gibt es auch noch einen Rec-Out-Ausgang, auf den sich Tape-Deck oder Bandmaschine freuen dürfen. Highlight für Hörer mit hohem klanglichen Anspruch: Die Netzeingangsbuchse ist mit »L« phasenmarkiert – vorbildlich.
Bei aller Bandbreite der Ausstattung ist diese allerdings nicht der dominierende Faktor. Dieser besteht vielmehr in der Tatsache, dass wir es mit einem soliden, einem klassischen, einem wuchtigen, 21 Kilogramm wiegenden HiFi-Verstärker zu tun zu haben. An der linken und rechten Gehäuseseite deuten massive Kühlkörper an, dass bei einer Leistungsabgabe von bis zu 320 Watt pro Kanal ordentlich Wärme entstehen kann, die aus dem Gehäuseinneren nach außen gebracht werden muss. In der Vorverstärkersektion arbeiten zwei Doppeltrioden für die Signalverstärkung. Sie entsprechen militärischen Spezifikationen, sind mit anderen Worten keine 08/15-Röhren. Um die Konstanz in der Hochspannungsversorgung des Röhren-Quartetts zu gewährleisten, kommt mit der 85A2 eine Regulator-Röhre zum Einsatz. Ziel ist selbstverständlich, eine brummfreie und rauscharme Versorgungsspannung bereitzustellen. Vincent-Entwickler Frank Blöhbaum hat schon in den vergangenen Jahren mit seinen Konstruktionen bewiesen, dass es nicht bei einem Versprechen auf dem Papier bleibt.