Erfolgsrezepte sind im Grunde meist recht einfach, im HiFi-Segment wie anderswo. Sicher, es bedarf zunächst einer guten Idee und sodann das nötige Vertrauen in den eigenen Ansatz, um ihn konsequent umzusetzen. Wenn es dabei in erster Linie weniger um eine spezifische Technologie als um die Ausrichtung einer Marke an Preiswürdigkeit geht, sind allerdings Zweifel am durchschlagenden Erfolg der Strategie durchaus angebracht. Die hatten jedoch den Gründer des Vertriebs Sintron und geistigen Vater der Marke Vincent, Uwe Bartel, ebensowenig geplagt wie den heutigen Geschäftsführer Steven Weiland und sein Team. Wohlwissend, dass sie mit dem dezidierten Anspruch, bezahlbare und zugleich klanglich überzeugende Komponenten anzubieten, nicht allein dastehen, waren sich die Verantwortlichen jederzeit genau darüber im Klaren, worauf es wirklich ankommt: Die Authentizität des Unterfangens ist eine unabdingbare Voraussetzung für sein Gelingen, denn die daraus resultierende Sorgfalt wird ebenso hörbar wie das zugrundeliegende Know-how und der Materialeinsatz.
Fließt all das gleichermaßen in die Geräteentwicklung ein, steht dem Erfolg des hehren Anliegens mittlerweile – eingedenk der Preisentwicklung in highendigen Gefilden – praktisch nichts mehr im Wege. Im Falle von Vincent darf jedenfalls mit Fug und Recht gesagt werden, dass sich die Marke zu einem Paradebeispiel dafür entwickelt hat, wie seriöse Produktentwicklung und faire Kalkulation von der Kundschaft belohnt werden. Mitte der 90er-Jahre mit Best-Buy-Amps gestartet, bietet Vincent heute ein umfangreiches Portfolio an Vor- und Endstufen, Vollverstärkern, Phonostufen, Kopfhörerverstärkern und CD-Spielern sowie Kabel und ein Netzfilter an. Obgleich die Kompetenz im Verstärkerbau mit Blick auf die analoge Ausgangsstufe auch bei der Konzeption hochwertiger Digital-Analog-Wandler eine zentrale Rolle spielt, bleibt das hierzulande ansässige Entwicklungsteam bis dato leider etwas zurückhaltend, was Offerten in dieser Produktkategorie anbelangt. Außer dem hier vorstelligen, zur »Tube Line« gehörenden DAC-700 hat Vincent derzeit lediglich einen weiteren Konverter im Programm, namentlich den DAC-1MK aus der »Power Line«, der allein auf eine Transistor-Ausgangsstufe setzt.
Der jetzt eingeführte DAC-700 dagegen enthält wie sein im Frühjahr 2019 vorgestellter Vorgänger DAC-7 gleich zwei Ausgangsstufen: eine mit Röhren bestückte und eine mit Transistoren aufgebaute. Wohlgemerkt, wir haben es hier nicht mit der bewährten, Vincent-typischen Hybridschaltung zu tun, sondern mit zwei separaten Verstärkerzügen, zwischen denen mit Hilfe eines kleinen Tasters am Frontpanel umgeschaltet werden kann. Das hat für mich zugegebenermaßen den Anschein, als wollten sich die Entwickler weder dem Transistor- noch dem Röhrenprinzip oder der hybriden Schaltung ganz verschreiben. Das ist im Grundsatz auch zutreffend, wie mir Produktspezialist Christian Fröhling berichtet, doch entscheidend ist an dieser Stelle die Lesart: Man will Kunden ermöglichen, sich situativ zwischen zwei jeweils konsequent konzipierten Prinzipien der Signalverstärkung zu entscheiden. In mir regt sich zwar angesichts klangbeeinflussender Optionen stets Skepsis, doch es geht schlicht und ergreifend darum, nicht aus den Augen zu verlieren, dass sehr wohl das persönliche Hörempfinden und nicht etwa das Dogma einer audiophilen »Wahrheit« ausschlaggebend ist.