Zum Einstieg liegt ein Pop-Klassiker auf dem Teller: »Talking Book« von Stevie Wonder in der 2011 veröffentlichten Silver-Label-Neupressung von MFSL. Mo-Fi hat dafür eine behutsame, die Authentizität der originalen Aufnahme wahrende Überarbeitung vorgenommen, was in diesem Fall auch bedeutet, dass dieses Reissue keineswegs ein klangliches Highlight ist. Dennoch – »Superstition« bleibt ein mitreißender Song mit einem Text, der eine fundamentale Wahrheit auf den Punkt bringt. Und der Massimo gehört zu jenen Laufwerken, die sich auch mit mittelmäßigen Produktionen in Szene zu setzen wissen: Er lässt keinen Zweifel daran, dass Stevie Wonder seinen Appell an die Vernunft aus vollster Überzeugung vorträgt. Die Drums dieser Einspielung klingen rund und eher weich, haben aber dank der Durchsetzungsfähigkeit des Massimo durchaus Punch – da ist ein massereicher Dreher natürlich voll in seinem Element. Die Natürlichkeit, mit der die raue Note des Tenorsaxophons und die Schärfe der Trompete hier erklingen, verdeutlicht zudem eindrucksvoll, dass diese Kombination tonal und feindynamisch ein außerordentlich großes Spektrum auffächern und minutiös differenzieren kann, wobei vor allem das Figaro einen wesentlichen Beitrag leistet.

Das neue Album »Nightfall« von Till Brönner und Dieter Ilg weist diesbezüglich in dieselbe Richtung, obgleich diese ausgezeichnete Produktion erst zeigt, wie feinzeichnend und flink der Massimo agieren kann. Mit seinem holperigen, dem Breakbeat entliehenen Rhythmus würde der Titel »Wetterstein« sofort jede Verschleppung des Tempos aufzeigen, doch Fehlanzeige: Der Massimo legt nicht die geringste Spur von Behäbigkeit an den Tag. Vielmehr demonstriert er eine selbst für seine Gattung bemerkenswerte Gelassenheit, lehnt sich entspannt zurück und vermittelt dem Hörer den Kontext des nervösen musikalischen Dialogs.

Gefälligkeit und Provokation

Anfang März ist eine Scheibe erschienen, die etwas ganz Besonderes ist für alle, die in den 80ern mit den Wegbereitern innovativen Elektro-Pops aufgewachsen sind und diesem »Lager« anhingen: ein Remaster des zweiten Albums von The Art of Noise, »In Visible Silence«. Die in transparentem Blau eingefärbte Platte enthält mehrere zusätzliche Titel sowie Extended Versions der originalen Stücke – und sie klingt deutlich besser als die Erstausgabe von 1986. So kommt mehr denn je zur Geltung, dass The Art of Noise sein Sounddesign stets ebenso ambivalent gehalten hat wie seine Musik: Mal klingen die Samples sorgsam aufpoliert, dann wieder völlig ungeschliffen. Hier existieren Gefälligkeit und Provokation ständig nebeneinander, werden virtuos zu einer geplanten Unordnung vermengt, die Konventionen ad absurdum führen will. Der Massimo bewegt sich genauso galant zwischen zwei Polen, während er mir die schnellen Takte des Titels »Backbeat« leichtfüßig entgegenschleudert, denn er kann eine perfekte Balance zwischen souveräner Abgeklärtheit und hellwacher Spielfreude herstellen. Mit dieser Fähigkeit gibt er nicht nur über jede Facette dieser mondänen Klangcollage genauestens Aufschluss, sondern löst auch sofort die eigentümliche Faszination aus, die von ihr ausgehen kann.