Der in der Electa Amator III verbaute Tiefmitteltöner mit der Typenbezeichnung »MW28 XTR-04« bildet die zweite Komponente einer Chassis-Konfiguration, die seit ihrer Premiere in den Modellen der Referenzlinie »The Voice of Sonus Faber« genannt wird. Die Konusmembran dieses vergleichsweise langhubig ausgelegten 18-Zentimeter-Treibers wird aus Papierbrei geformt, dem Kapok, Kenaf und weitere, nicht näher bezeichnete Naturfasern zur Verstärkung beigemischt werden. Die fertige Mischung trocknet ohne Wärmezufuhr an der Luft, um ein langsames, gleichmäßiges Aushärten der Masse zu erlauben und so Spannungen im Material zu vermeiden, die ein ungünstiges Resonanzverhalten hervorrufen können. Eine Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf den Klang dieses bewährten Treiber-Ensembles zu nehmen, bietet natürlich die Frequenzweiche; deshalb hat Paolo Tezzon einige ihrer Bauteile speziell ausgewählt, um die gewünschte Kolorierung zu erreichen. Dieses gezielte Abweichen vom üblichen Ideal einer strengen Ausrichtung an der »Wahrheit« ist für mich als Verfechter klanglicher Neutralität zwar irritierend, aber auch reizvoll, denn schließlich ist von vornherein klar, dass es hier nicht um nennenswerte Verfälschungen geht. Während ich mich weiter auf diesen »kreativen« Ansatz einlasse, wird mir der Gedanke immer sympathischer, dass sich hier ein Entwickler gewissermaßen von einem Korsett befreien durfte und mehr Spielraum für die Kür zugestanden bekam.

Als die Einspielphase endlich absolviert ist, stürze ich mich deshalb förmlich auf ein Album, das mich seit seiner Veröffentlichung vor genau vier Wochen begleitet: Ivo Pogorelich stellt nach zwanzig Jahren Schaffenspause Rachmaninows Klaviersonate Nr. 2 Op. 36 den Klaviersonaten Nr. 22 Op. 54 und Nr. 24 Op. 78 von Beethoven gegenüber. Die Electa Amator III schafft bei dieser ausgezeichneten Produktion ein beinahe täuschend echtes Abbild des Konzertflügels, das nicht nur über ihre Größe hinwegtäuscht, sondern nach einer Weile sogar fast vergessen macht, dass man einem Lautsprecher zuhört. Sie stellt den Instrumentenkorpus wie gemeißelt, zum Anfassen plastisch in den Raum und gewährt einen derart klaren Einblick in sein Innenleben, als wäre er aus Glas: Vor dem geistigen Auge bewegen sich kleine Hämmer und schwingen Saiten. Selbst die dynamische Bandbreite des Flügels bringt die Electa Amator III völlig mühelos zur Geltung, während sie sich zugleich jeder tonalen Nuance mit größter Hingabe widmet, dabei jedoch auch im Mitteltonbereich nie merklich aufträgt.

Illusion der Stimme

Nach diesem höchst intensiven Musikerlebnis wähnte ich mich auf alles Kommende vorbereitet und konnte auch tatsächlich mit der beeindruckenden Vorstellung der Electa Amator III bei »Winter« von Amelie Lens noch einigermaßen gelassen umgehen, obgleich sie hier ein wirklich verblüffend solides Tieftonfundament legt und die druckvollen, trockenen Synthesizer-Beats mit spielerischer Leichtigkeit abfeuert. Doch dann hat mich dieser Lautsprecher bei einem Klassiker erneut geradezu aus der Fassung gebracht: Diana Kralls Gesang bei »Moonglow« setzt ein, und mit einem Mal liegt ein Knistern in der Luft, das mir nachgerade die Haare aufstellt. Die Electa Amator III lässt die Artikulation und das Timbre ihrer Stimme so natürlich klingen, wie ich es mit meiner Anlage nur sehr selten erlebt habe, und vollbringt hier mit ihrer reliefartigen Abbildung zudem das Kunststück, die Illusion der zur Stimme gehörenden Gestalt zu erzeugen. Ohne Zweifel: Auch akademische Geister dürfen sich ruhigen Gewissens von der Electa Amator III mitreißen lassen, denn sie bringt nur einen Hauch Grundtonwärme ins Spiel, der als solcher nicht prominent in Erscheinung tritt, sondern vielmehr als subtiles Element ihre überaus verführerische Spielweise krönt. Ein ganz großes Kompliment an Paolo Tezzon für diese meisterliche Balance zwischen Pflicht und Kür!