Sonus Faber zeigt auf der Münchner High-End-Messe in regelmäßigem Turnus neue Lautsprecherserien. Die im Jahr 2018 erfolgte Präsentation der seit diesem Frühjahr verfügbaren Electa Amator III kam allerdings insofern ein wenig überraschend, als die letzte Modernisierung dieses 1987 eingeführten Modells nun zweiundzwanzig Jahre zurückliegt. Die Annahme lag deshalb nahe, dass dieses Projekt nicht wieder aufleben würde, obgleich die Electa Amator immerhin zu jenen Lautsprechern gehörte, die seinerzeit den Weg für die weitere Unternehmensentwicklung ebneten und Sonus Faber zu einer festen Größe im Segment audiophiler Kompaktmonitore machten. Der verantwortliche Designer Livio Cucuzza und Chefentwickler Paolo Tezzon waren daher mit einer besonders verantwortungsvollen Aufgabe betraut, die neben ihrem mehrfach unter Beweis gestellten Talent sicherlich auch eine Portion Selbstvertrauen von Menschen erfordert hat, die zu jenen Anfangszeiten Jugendliche waren. Dabei dürfte auf Paolo Tezzon der größte Druck gelastet haben, denn die Electa Amator und die Guarneri hatten mit ihren Abstimmungen wie keine Kreation vor ihnen eine tonale Charakteristik etabliert, die wegen ihres gekonnt dosierten Wohlwollens zahlreiche Liebhaber fand und der Manufaktur den Ruf musikalischer Treffsicherheit einbrachte.

Klangliche Ideale unterliegen indes im Laufe der Zeit einem Wandel: Was früher als »goldrichtig« empfunden wurde, kontrastiert mit heutigen Vorstellungen von transparenten, schlackenlosen Mittellagen. Wer jetzt über das Stichwort »Klangideal« stolpert, sollte sich vergegenwärtigen, dass letztlich sogar das strikte Streben nach Neutralität ein solches darstellt und linealglatte Frequenzgänge ohnehin kein Garant für eine plausible, ansprechende Darbietung sind. Überdies formen technischer Fortschritt und die Weise, wie jeweilige Entwickler mit weiterreichenden Möglichkeiten umgehen, unsere Erwartungen – die Geschichte der Fotografie und des Fernsehens liefert besonders anschauliche Beispiele für eine schleichende Veränderung ästhetischer Maßgaben. Nicht zuletzt aufgrund derselben unterscheiden sich die aktuellen Darbietungen wesentlich vom Gesamteindruck, den die Vorbilder hinterlassen hatten.

Vor diesem Hintergrund geht Sonus Faber mit der Electa Amator III und der in diesem Jahr vorgestellten Minima Amator II ein bemerkenswertes Wagnis ein, denn Paolo Tezzon verkündete auf der High End, dass die beiden Lautsprecher der »Heritage Collection« die Firmenhistorie auch unter klanglichen Aspekten aufgreifen. Das heißt: Sie sind explizit nicht auf größtmögliche Neutralität ausgelegt, sondern ein wenig nach Gusto abgestimmt. Hätte er diese Botschaft nicht spürbar bewegt und mit schwärmerischen Worten kundgetan, die gleichermaßen von Herzblut wie von seinem intuitiven Verständnis des Schaffens von Franco Serblin zeugen, hätte man diesen Paukenschlag fast überhören können. Ich wusste im selben Moment jedenfalls eins: Ich muss die neue Electa Amator vor die Ohren bekommen.