Das gleiche Bild zeigt sich bei »Featherlight« aus dem wunderbaren Album »Slowly, Slowly« von Siril Malmedal Hauge. Die Größenverhältnisse stimmen genau und die Abbildung der Sängerin ist vollkommen plastisch. Dabei macht die MB5 B jede Nuance ihres vokalen Agierens wie selbstverständlich hörbar, offenbart sogar an einigen Stellen ganz leise Atemgeräusche, die mir bis dahin verborgen geblieben waren. Zugleich stellt sie Sibilanten klar heraus, ohne sie störend zu präsentieren, lässt Sirils Gesang so natürlich klingen, dass sie beinahe leibhaftig anwesend zu sein scheint. Im Anschluss läuft das im vergangenen Jahr veröffentlichte Album »Ojos de Gato« von Giovanni Guidi, und auch bei dieser komplexeren Besetzung passt zwischen die Konserve und die eigene Gefühlswelt kaum eine Zeitung: Die MB5 B stellt den großen Schlagzeug-Aufbau, den Kontrabass, das Klavier und die beiden Bläser auf eine sehr weitläufig ausgedehnte Bühne, die bis in die Tiefe hinein akkurat gestaffelt und in helles Scheinwerferlicht getaucht ist.

Licht im gesamten Spektrum

Dabei haben die Instrumente so viel Freiraum, dass Chad Taylor an den großen Drums und Francisco Mela am Schlagzeug sich nicht ins Gehege kommen und in einen fruchtbaren Dialog treten können. Die gleich zu Anfang des ersten Titels »Revolución« beginnende Kommunikation zwischen Gianluca Petrella an der Posaune und James Brandon Lewis am Tenorsaxophon nimmt schnell einen sehr energischen, zuweilen dissonanten Charakter an, doch diese ScansonicHD lässt sich in keiner Weise beirren: Sie fächert das ganze Farbenspektrum der beiden Instrumente in allen Schattierungen auf und stattet sie mit der gebotenen, durchdringenden Prägnanz aus, wenn sich die Musiker förmlich duellieren. Als schließlich Pianist Giovanni Guidi mit nachdrücklichen Tönen in das hitzige Geschehen eingreift, wird vollends deutlich, wie souverän die MB5 B die melodiösen Verflechtungen überblickt, die den Reiz des Ganzen ausmachen.

Emmanuel Top, der französische Altmeister des Acid-Techno, hat nach sieben Jahren Schaffenspause ein neues Album produziert. »Moma« ist eine Collage aus fünfzehn gleichnamigen Titeln, von denen manche eng zusammengehören und andere eine Zäsur bilden. Vielleicht liegt es daran, dass die Ikone dieser Tage fünfzig wird, aber von den Spektakeln früherer Zeiten fehlt in diesem Werk jede Spur. Dafür überrascht Emmanuel Top diesmal mit Elementen des Ambient Techno und zahlreichen atmosphärischen Soundeffekten in einem akkurat arrangierten Klangbild. Die abgrundtief grummelnden Bassläufe bei »Moma Part 3« motivieren mich indes, den zierlichen Lautsprecher voll auf die Probe zu stellen. Kurzum: Die MB5 B steigt souverän fast bis zur letzten Sprosse die Tonleiter herab. Sie schiebt was das Zeug hält, bleibt dabei bedingungslos kontrolliert und erweist sich nebenbei als außerordentlich pegelfest.

Realistische Dimensionen

Marco Schiavo und Sergio Marchegiani haben kürzlich die Klaviersonaten zu vier Händen, KV 19d, 358, 381 und 521 von Mozart eingespielt; diese ausgezeichnete Aufnahme von Decca fängt den Flügel recht direkt ein. Die MB5 B nutzt die Vorlage und gibt eine außergewöhnlich spannungsgeladene Vorstellung, schwelgt in prächtigem Klangfarbenreichtum und vermittelt zudem die Dynamik des Konzertflügels glaubhaft. Dass sie auch hierbei den Klangkörper mit messerscharfen Konturen und in realistischer Dimension zeichnet, hatte ich inzwischen erwartet. Ebenso wie die Tatsache, dass es für diesen Lautsprecher eine leichte Übung ist, die beiden Pianisten an der Klaviatur deutlich voneinander abzugrenzen, auch wenn sie ähnliche Tonlagen spielen. Nicht gefasst war ich jedoch darauf, wie weit ihre Abbildungspräzision hier reicht und wie sie sich bei einem Klavierstück emotional auswirkt: Die Darstellung hat holografischen Charakter – der Flügel steht wie in Stein gemeißelt da, bereit für eine Rundum-Ansicht im Geiste. Kompliment zu großartigen Lautsprechern!

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