Imany aka Nadia Mladjao hatte 2014 den Soundtrack zum Film »Sous Les Jupes Des Filles« produziert und wurde zwei Jahre später durch das Remix von Filatov & Karas des darauf enthaltenen Titels »Don’t Be So Shy« populär, der von ihr komponiert, aber von Sherika Sherard gesungen wurde. Vielleicht ließ diese kleine Ironie Imany zu einer Künstlerin heranreifen, die sich ein Album wie »Voodoo Cello« ausdenken kann. Auf dieser im vergangenen Jahr veröffentlichten Eigenproduktion interpretiert sie Pop- und Rock-Hits völlig neu, die bunte Mischung reicht von Madonna über t.A.T.u. bis hin zu Pink Floyd.

Einzigartig ist dieses Werk jedoch…

... wegen seiner ungewöhnlichen Besetzung: acht Celli plus Sängerin – nichts weiter. Dass die Solisten hier tatsächlich alle ein Cello spielen und die ausgezeichnete Produktion ganz ohne Soundeffekte auskommt, ist angesichts des Gehörten schwer zu begreifen. Die ebenso kreative wie virtuose Spieltechnik der Musiker schafft einen surreal anmutenden Kosmos voller unterschiedlichster Klänge. Zu Beginn des Songs »If You Go Away« tönen die Instrumente wie Sirenen, bevor ein Klopfen auf dem Korpus eines Cellos den Rhythmus gibt und weitere ausscheren, um die Melodie zu spielen – jedes mit einer anderen Tonlage. So entsteht ein verblüffender Klangfarbenreichtum, den der X5 in all seinen Nuancen von rabenschwarz bis honiggolden auffächert. Und wenn dann mal ein Cello auf diesem Album so klingen soll, wie man es gewohnt ist, dann stattet es der Michi müde lächelnd mit der typischen knochentrockenen Autorität aus. Gleichzeitig bringt er alle Facetten des zuweilen zeremoniell wirkenden Gesangs zur Geltung und bildet Imanys Stimme richtig proportioniert mit scharfer Kontur ab.

Das Minnesota Orchestra spielt unter der Leitung von Eiji Oue die »Sinfonischen Tänze« von Rachmaninow – diese Einspielung von Reference Recordings eignet sich bestens, um vor allem die räumlichen Abbildungsfähigkeiten des Rotel-Amps auszuloten. Doch auch bei dieser Herausforderung gibt sich der X5 nicht die allerkleinste Blöße, er leuchtet eine glaubhaft dimensionierte Bühne taghell aus und kann die Instrumentengruppen klar voneinander abgrenzen. Was die Energie des großen Orchesters anbelangt, ist der Michi ohnehin voll in seinem Element, er ruft unerschöpflich erscheinende Dynamikreserven blitzschnell ab und macht so den finalen Satz zu einem wahrhaft furiosen Spektakel.

Das Debütalbum der isländischen Komponistin und Pianistin Eydís Evensen ist wie geschaffen, um danach das aufgewühlte Gemüt zu beruhigen. Auf »Bylur« spielt das ehemalige Model von einem Streichquartett begleitet eigene Kompositionen, die so ursprünglich anmuten wie die Landschaft ihrer Heimat und gleichermaßen besänftigend und anregend wirken. Diese Musik braucht keine gute Reproduktion, um mich tief zu berühren, aber wenn Kopfkino und Anlage wie jetzt an einem Strang ziehen, übt sie eine Sogwirkung aus, von der ich mich nicht losreißen kann. Der X5 geht mit der Melodie von »Deep Under« außerordentlich feinfühlig um, lässt sie fließen und trifft den dezenten Anklang von Sehnsucht, der in ihr liegt, genau auf den Punkt. Zugleich verleiht er den Streichern schillernden Glanz und lässt die hohen Noten des Pianos wie Tröpfchen kristallklaren Wassers dahinperlen. Wie gut, dass Rotel wieder waschechtes High End baut!