Bleiben wir aber noch einen Moment bei der Technik. Die Membranen der beiden 180-Millimeter-Tieftöner sind gleichfalls aus dem TexTreme genannten Karbon-Komposit gefertigt. Die von starken Magneten angetriebenen Woofer werden von einer Zentrierspinne aus Nomex in Form gehalten, einem enorm reißfesten und energieabsorbierenden Flüssigkristallpolymer; die Schwingspulen bestehen aus einer leichten und darum impulsalerten Alu-Legierung. Der Verpackung sind Schaumstoffpropfen beigelegt. Sie verschließen im Falle einer Bassüberhöhung die zum Boden hin feuernden Reflexrohre, um so aus der Bassreflex- eine quasi geschlossene Konstruktion zu machen. Ich sah aufgrund der – siehe unten – überzeugenden Bass-Performance aber keine Notwendigkeit, das bei mir auszuprobieren.
Die 43 Kilogramm pro Box machen die Aufstellung nicht ganz leicht, aber auch nicht zur Herausforderung. Erst einmal muss der Lautsprecher auf den Kopf gestellt und die gusseiserne Bodenplatte angeschraubt werden. Diese nimmt die überaus soliden Füße auf. Sobald die Box auf ihnen steht, lassen sich die Spikes mit Hilfe der Rändelschrauben leicht von oben justieren und in die Waage bringen. Die damit erzielte Standfestigkeit wird nicht unerheblich zum Klangeindruck beitragen. Auf der Rückwand finden sich die hochklassigen Bi-Wiring-Terminals. Sie sind mit Bedacht ausgewählten und offensichtlich gut abgestimmten verchromten Metallschienen gebrückt. Versuchsweise habe ich sie durch Bi-Wiring-Jumper aus Nordosts Norse-Serie ersetzt. Diese haben bei mir bislang noch jede Lautsprecher-Performance verbessert. Hier aber können sie zum ersten Mal nicht ganz überzeugen. Bei aller Güte gerät der Klang um Nuancen, aber spürbar zu hell.
In puncto Einspielzeit verhält sich die S5t gutmütig. Schon am zweiten Tag weiß sie ihre in der Verpackung erschlafften Muskeln wieder anzuspannen und verbessert sich von da ab stetig. Schon früh offenbart sich eine ebenso kraftvolle wie unangestrengte Autorität, mit der die Perlisten, wie sich dann bald zeigt, wirklich jedem Musikmaterial gerecht wird. Ich beginne mit Schuberts G-Dur-Streichquartett D 887. Das Streichquartett ist nicht nur eine Königsgattung der Musik, sondern eine echte Hürde für jedes HiFi-System. Es muss vier sehr ähnliche Streichinstrumente im Timbre differenzieren und auf der Bühne lokalisieren können. Der Genuss kann sehr leicht durch Hochton-Nervosität gestört werden. Keine Spur hier davon: Die Perlisten gibt die Intimität der Musiziersituation atmosphärisch wieder. Man befindet sich wirklich in einer Kammer, in einem intimen Konzertsaal, nah, aber nicht zu nah dran an Gidon Kremer, Daniel Phillips, Kim Kashkashian und Yo-Yo Ma (1987, CBS). Um zu erkennen, dass es sich um einen Live-Mitschnitt handelt, muss ich nicht auf einen der seltenen Huster warten. Vielmehr ist es, als hörte ich sofort die Zuhörer ob der Intensität des Musizierens den Atem anhalten. In puncto Abbildungsgenauigkeit erzielt die S5t eine Präzision, eine Detailliertheit, die nicht durch überbetonte Höhen simuliert, sondern durch eine selten zu hörende, wirkliche Treue zur Musik erreicht wird. So fest ist jeder Ton umrissen, dass ich gern von »Konturenschärfe« sprechen würde. Allein, scharf klingt hier nichts. Es handelt sich vielmehr um die Abwesenheit von Eintrübungen, um einen Grad von luftiger Deutlichkeit, der nicht nur den Ton, sondern auch seinen Hof, seine Aura, seine Atmosphäre umfasst.
Der Bass reicht tief hinunter, spielt dort nicht minder natürlich, nämlich straff und elastisch. Auch bei wandnaher Aufstellung verdickt oder versumpft hier dank des Downfire-Prinzips nichts. Ich bevorzuge allerdings einen Meter Abstand zur Rückwand. Im Mitschnitt der Uraufführung von Einojuhani Rautavaaras Kontrabass-Konzert »Angel of Dusk«, 1984 in Helsinki mit dem Finnischen Radiosinfonieorchester unter Leif Segerstam aufgezeichnet (Apex), steht das Soloinstrument so realistisch im Raum, dass ich den Bogen auf den Saiten reiben höre, dass ich die Tieftonwellen nicht nur akustisch, sondern leiblich spüre und gleichsam das Innere des Korpus ausmessen könnte. Als Olli Kosonen, der Solist, in der Kadenz des zweiten Satzes jäh mit dem Bogen aufs Holz schlägt, erschrecke ich förmlich, so groß und getreu gerät die Abbildung dieses Impulses in Primärschall und trockenem Nachhall. Ich verstehe, wie angedeutet, nicht viel von Kino- und Heimkinobeschallung. Aber ob dieser weiträumig ausgedehnten, aber immer straffen und vor allem musikalischen Bassmächtigkeit leuchtet mir die eingangs erwähnte THX-Dominus-Zertifizierung einer auch in größten Sälen stabilen Klanggüte doch ein. Was dem Kinosaal recht ist, kann im heimischen Hörraum nicht ganz schädlich sein. Zumal Stimmen, wie von den Entwicklern reklamiert, in Farbe, Sitz und Ausdehnung so natürlich abgebildet werden, wie man es nur selten hört. Das gilt für mikrofongestützten wie für klassischen Gesang. Auch wer betont rhythmische, swingende oder perkussive Musik bevorzugt, kann mit der Perlisten nichts falsch machen. Auch hier schüttelt sie die Transienten so cool und locker aus dem Ärmel, dass es eine Freude ist.