Klangfeuerwerk à la McIntosh

Mit »Lunatico« von Gotan Project habe ich gleich eine Platte aufgelegt, die dem MA252 voll in die Karten spielt und bei der er ein richtiges Statement abliefert. Nini Flores am Bandoneon und die katalanische Sängerin Christina Vilallonga, der eine Stimme zu eigen ist, die jeder Fado-Sängerin gut zu Gesicht stünde, liefern mit dem Song »Notas« ein absolutes Klangfeuerwerk ab. Das ist Emotionalität pur in Verbindung mit dem klarem, federnden Spiel des Bandoneons, das Ganze untermalt mit Klavier- und Perkussionläufen. Bei diesem Lied wandelt eine Anlage stets auf des Messers Schneide, denn ganz schnell versinkt das Klangerlebnis im Honigsumpf, wenn die Kette es nicht schafft, die einzelnen Instrumente und die Sängerin ganz klar zu trennen. Erbsenzählenden Verstärkern gelingt es wiederum nicht, das Feuer und die Emotionalität des Songs wiederzugeben, sondern sie zerlegen das Klangbild in seine Einzelteile. Der MA252 aber legt diese Gratwanderung hin, als sei es das Einfachste auf der Welt. Er bietet eine erstklassige Auflösung mit toller räumlicher Darstellung und überragender Sprachverständlichkeit und hat trotzdem den Blick auf das große Ganze. Und er präsentiert den musikalischen Ausdruck und die Emotion auf einem Silbertablett. Das ist wirklich ganz großes Kino.

Der MA252 ist jedoch nicht auf einen Musikstil oder sogar nur auf einen Song spezialisiert, sondern er verarbeitet alles, was ihm vorgesetzt wird. Bei Deep Purples »Made In Japan« gibt er einen veritablen Rocker, der einem das Drum-Solo und die Gitarrenriffs nur so um die Ohren knallt. Es macht einfach Spaß, es über diesen Verstärker richtig krachen zu lassen. Man hat nie das Gefühl, dass ihm die Luft ausgeht. Er schiebt unbeirrt – egal, was man ihm vorsetzt.

McIntosh schreibt, dass die Röhren im Vorverstärkertrakt dem Klang ein wenig Wärme verleihen sollen. Das würde ich so nicht sagen, denn ein Schuss Wärme suggeriert immer auch fehlende Auflösung im Präsenz- und Hochtonbereich, und das ist beim MA252 überhaupt nicht der Fall. Ich habe jedoch eine Platte gefunden, bei der diese angeblich minimal warme Abstimmung Wunder wirkt. Während meiner Studentenzeit lief bei mir Level 42 rauf und runter, zu Hause und im Auto. Meine Lieblingsplatte, die »Early Tapes«, sind aber leider etwas dünn abgemischt. Je besser und stimmiger die Anlage ist, desto klarer tritt das Missverhältnis zwischen dem Bass und den unteren Mitten sowie den höheren Lagen zu Tage. Das macht dann einfach nicht mehr so viel Spaß wie noch vor dreißig Jahren. Über den MA252 gehört, kam auf einmal wieder richtig Freude auf. Nicht dass er das Missverhältnis nicht auch offenlegt, aber er tut dies viel charmanter und erträglicher.

Wo der MA252 aber über sich hinauswächst, ist die Stimmenwiedergabe. Auf dem Album »Complicated Ladies« mit Eberhard Schöner und Friends bringt Esther Ofarim alle Schattierungen ihrer außergewöhnlichen Stimme zu Gehör. Klar und deutlich zeigt der MA252, wie die Sängerin ihre Stimme zu wandeln versteht, aber er zerlegt sie nicht, sondern versieht sie mit einer überragenden Aura und einer tiefen Emotionalität. Das ist das Wesen des MA252: die Musik klar darzustellen, aber bei aller Offenheit immer den emotionalen Gehalt in den Vordergrund zu rücken.

Diese Klangbeschreibung trifft auf den MA252 mit dem Shunyata-Netzkabel zu. Wird auf ein Standard-Netzkabel gewechselt, fehlt die überragende Offenheit und Schnelligkeit und der Verstärker läuft Gefahr, undifferenzierter und eindimensionaler zu klingen. Hier hat der deutsche McIntosh-Vertrieb das Gerät voll und ganz verstanden und ermöglicht es dem MA252, sein ganzes Potential für bestmögliche Musikwiedergabe zu offenbaren.