Vollverstärker? Diesen Gedanken lässt Marantz beim PM-10 angesichts separater Netzteile für jede der symmetrisch aufgebauten Leistungsendstufen, einem Vorverstärker, der seinen Strom ebenfalls aus einem eigenen Netzteil bezieht, und mit einer autonomen Prozessoreinheit für die Lautstärkeregelung gar nicht erst aufkommen. Addiert man dazu nun noch die Eingangswahl und eine mögliche Vernetzung mehrerer PM-10 für edelsten Mehrkanalklang, handelt es sich streng genommen um vier Geräte unter einem Dach.

Doch der Reihe nach: i-fidelity.net-Leser erinnern sich, dass der Player SA-10 den Weg zu konsequenter 1-Bit-Wiedergabe beschritt. Ob den Daten nun das CD-, MP3- oder Highresolution-PCM-Signal zugrunde lag: Intern transformierte der SA-10 alle Multibit-Formate zu 1-Bit-DSD, einem ultraschnell getakteten Datenstrom, der auf dem SACD-Format basiert. Damit sollen aus der Sicht von Marantz Quantisierungsfehler und herkömmliche D/A-Wandler, die anhand der Datenworte das Analogsignal rekonstruierten, Geschichte sein. Zur Rekonstruktion des analogen Audio-Signals genügt dem Marantz eine zu einem Tiefpass geschaltete Kombination aus Widerständen und Kondensatoren.

Wenn schon vorne an der Quelle die digitale Revolution Einzug hielt, darf hinten der Verstärker in nichts nachstehen. Die komplett symmetrisch aufgebauten Leistungsendstufen im PM-10 arbeiten wie eine Gegentakt-Endstufe (push-pull), allerdings anstelle von komplementären Transistoren mit digitalen Class-D-Schaltverstärkern. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei das Analogsignal am Eingang der Leistungsabteilung in mehr oder weniger fein abgestufte Rechtecke umgewandelt – eine Aufgabe der sogenannten »Komparatoren«. Abhängig von der Stärke des Analogsignals am Eingang wird der Impuls breiter (große Amplitude) oder schmaler (kleine Amplitude). Da die Höhe der Impulse immer gleich ist, müssen die eigentlichen Leistungstransistoren (hier extrem schnelle FETs) nur noch blitzschnell ein- und ausschalten.

Vorteil Schaltverstärker: Sie liefern praktisch nur die jeweils abverlangte Leistung und werden kaum handwarm. Im Gegensatz zu konventionellen Verstärkern ist ihr Wirkungsgrad mit etwa 90 Prozent extrem hoch. Um die Elektronik vor versehentlichem Kurzschluss zu bewahren, wird der Stromfluss permanent überwacht und bei Unstimmigkeiten die Leine gekappt. Die elektronische Schutzschaltung im Marantz spricht etwa sechsmal schneller an als sonst übliche Relais. Vater der 1-Bit-Leistungsverstärkermodule namens Hypex ist der Belgier Bruno Putzeys, der zehn Jahre lang Schaltverstärker für Philips entwickelte. Aktuell ist er technischer Leiter von Kii Audio, einer in Bergisch Gladbach angesiedelten Manufaktur für Aktivlautsprecher.