»Die Tänzerin« von Ulla Meinecke habe ich in den 80er-Jahren rauf und runter gespielt, und noch heute höre ich das Lied unheimlich gerne. Die klare Stimme der Sängerin, Edo Zanki am E-Piano, Händeklatschen und ein Metronom, dazu noch etwas Hall – fertigt ist dieser faszinierende Klassiker. Über ein gutes analoges Frontend abgespielt, ist dieser tausendfach auch auf Messen und bei Vorführungen im Fachhandel gehörte Song einfach ein Genuss. Und nun von Tidal gestreamt, präsentiert mir der Marantz »Die Tänzerin« in genau dieser faszinierenden Schönheit: Ulla Meineckes Stimme klar und perlend, fein- wie grobdynamisch auf den Punkt spielend – ich bin perplex, das habe ich digital noch nie so hervorragend gehört, vor allem nicht in dieser Preisklasse.

Dann der nächsten Klassiker: »The Girl From Ipanema« von Getz/Gilberto. Auch hier überzeugt der Model 40n mit einer feinen Darstellung der Stimmen, ihren Schattierungen, der Verortung der Musiker im Raum (Astrud Gilberto genau hinter dem Lautsprecher, einfach perfekt) und dem Saxophon-Solo voller Schmelz, Wärme und Ausdruck – ich bin absolut begeistert, denn das hätte ich diesem Streaming-Vollverstärker für 2.500 Euro nie und nimmer zugetraut. Zum Abschluss habe ich noch mein Lieblingslied von Kari Bremnes (»A Lover In Berlin« auf Norwegian Mood) auf dem Tablet angeklickt und – nein, hier bekommen Sie keine Beschreibung mehr von mir – die Augen geschlossen und nur noch die Musik genossen.

Hat der Marantz Model 40n denn überhaupt keine Schwächen? Kann das denn sein? Die Antwort lautet »jein«. Der Verstärker geht sehr tief in den Keller und spielt bis zu den Höhen fein aufgelöst und geschlossen mit dem richtigen Hauch Wärme. Was ihm jedoch fehlt, ist der ultimative Punch in den Tiefen. Die kommen zwar ansatzlos und gut konturiert, aber sie dürften schon ein bisschen mehr »Schmackes« haben. Dagegen zeichnet der Verstärker die Bässe mit ihrer eigenen Textur – er zeigt sehr schön, dass mehrere Schläge auf eine Pauke das Fell nicht an derselben Stelle treffen, sondern dieses mal minimal länger oder kürzer ausschwingt. Diese Darstellungsqualität schaffen einige deutlich teurere Verstärker nicht in dieser Form.

Stärken auf dem Präsentierteller kredenzt

Für den Abschluss habe ich mir den Phono MM-Eingang aufgespart. Dafür habe ich das GoldNote Vasari Gold unter die Yamamoto Headshell am Jelco 12-Zoll-Arm auf dem Transrotor Max geschnallt und das Rosenstolz-Album »Die Suche geht weiter« auf den Plattenteller gelegt. Was soll ich sagen? Nach dem Ende der vierten Seite habe ich realisiert, dass ich keine einzige Notiz auf dem Zettel stehen hatte. Ich habe mich der Musik hingegeben – dieses Integrative, Fließende, Musikalische war das hervorstechende Merkmal der Wiedergabe. Wie schon auf der digitalen Seite geht es dem Marantz nicht ums Sezieren, sondern darum, dem Hörer die Musik nahezubringen. Die Stimme von AnNa R, vielschichtig, fein, den Song modulierend, wurde einfach perfekt wiedergegeben. Die Stärken des Vasari Gold hat der Marantz auf dem Präsentierteller kredenzt. Ich habe Platte um Platte auf den Transrotor gelegt und einfach nur in den Genussmodus geschaltet. Egal, welche Art von Musik ich aufgelegt habe, mir hat nichts gefehlt außer ab und zu die Füllung meines Weinglases.

Das klangliche Niveau des MM-Eingangs ist über jeden Zweifel erhaben, aber ich musste dann doch noch meinen Transrotor III ins Spiel bringen, um zu testen, wie hoch das Niveau wirklich ist. Über den Transrotor-Phono klingt es dann doch noch eine ganze Spur aufregender – mit mehr Raum, besserer Fein- und Grobdynamik und etwas präziserer Artikulation von Stimmen. Allerdings kostet der Transrotor Phono III mit Verbindungskabel schon gut einen Tausender und ist ein Überflieger. Der Phonoeingang des Marantz hinkt aber nicht so weit hinterher, dass man sich grämen müsste. Mein Phono-Setup, welches mit knapp unter 5.000 Euro zu Buche schlägt, würde ich ohne direkten Vergleich ohne Wenn und Aber dem Phonoeingang des Model 40n überantworten wollen, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen beziehungsweise größere klangliche Einschränkungen in Kauf nehmen zu müssen.