Als ich in den 80er-Jahren meine ersten Schritte als HiFi-Begeisterter machte, bin ich wie viele meiner gleichgesinnten Kommilitonen durch die Berliner Fachstudio-Szene gezogen, um mindestens einen Blick auf die Pretiosen auf dem HiFi-Olymp zu werfen oder eine Vorführung mit ihnen zu erleben. Eines der von uns meist diskutierten Produkte waren damals die Endstufen-Boliden von Krell – groß, mächtig, Class A mit unvorstellbarer Leistung. Die wollte jeder mal hören. Ich bin dann eines Tages in diesen Genuss gekommen – und war maßlos enttäuscht. »Vor Kraft nicht laufen können« war mein erster Gedanke, und damit hatte ich das Klangerlebnis ganz gut getroffen. Die Krells schoben Lautsprecher unterschiedlicher Hersteller brachial an, lösten Urgewalten im Tieftonkeller aus, aber musikalisch wollten sie meine Erwartungen nicht erfüllen: kein Fluss, kein Swing, begrenzter Raum, keine Musikalität. Als sich nun der K-300i ankündigte, dachte ich mir, dass es sicher nicht schaden kann, einen Krell von heute zu erleben und zu überprüfen, ob sich etwas an meiner Haltung ändern lässt.

Mit dem K-300i steht nun ein Verstärker bei mir im Hörraum, bei dem ich mir zunächst nicht sicher bin, wie ich mit meinem (Vor-)Urteil von vor über 30 Jahren um- und an den K-300i herangehen soll. Darum schauen wir uns erst einmal an, was der »AMP made in USA« so alles an Ausstattung mitbringt. Mit seinen 44 Zentimetern in der Breite und knapp über zehn Zentimetern in der Höhe kommt der K-300i schon fast klassisch daher, wenn da nicht seine Tiefe von 46 Zentimetern wäre. Das sind schon Abmessungen, die nicht mehr jedes Rack verträgt. Der Blick ins Innere liefert die Erklärung: Ein ordentlicher 700 VA-Trafo und die daneben positionierte Endstufensektion inklusive solider Kühlkörper nehmen schon gut zwei Drittel des Platzes ein. Um hier noch die Vorstufe und das Digital-Board unterzubringen, braucht es eben die ausufernde Tiefe.

Die Front zieren auf der linken Seite der Einschaltknopf, der den Verstärker aus dem Stand-by-Modus ins Leben erweckt oder wieder in die Schlafstellung bringt, sowie sieben Knöpfe, mit denen der K-300i gesteuert und diverse Einstellungen vorgenommen werden können. Rechts des prominent auf der geschwungenen Front platzierten Namenszuges des Verstärkers befinden sich ein exzellent ablesbares Display sowie zwei Tasten zur Lautstärkeregulierung und ein USB-Eingang. Der schöne Rücken entzückt mit vernünftig gemachten Anschlüssen auf der klassischen Verstärkerseite: Zwei Eingänge im XLR-Format und drei Cinch-Anschlüsse lassen hier nichts anbrennen, ein Cinch-Vorverstärkerausgang und ein Paar richtig gut gemachte Lautsprecherklemmen runden den positiven Eindruck ab. Den Rest des  Platzes nehmen die Anschlüsse für das optionale Digital-Board ein. Dafür verlangt Krell einen Aufpreis von 2.000 Euro, was auf den ersten Blick recht sportlich ist, aber dieses Digital-Board hat es in sich, denn es ist kein reines D/A-Wandler-Board wie bei den meisten Mitbewerbern, sondern im eigentlichen Sinne ein Netzwerk-Streaming-Board.