Die erste Reaktion auf KEFs aktuelle Reference-Serie ist mit »Stutzen« wohl am besten beschrieben. Seit 2006 prägte die englischen Top-Lautsprecher ein Design, welches entfernt an R2D2, den kleinen tonnenförmigen Androiden aus »Krieg der Sterne«, erinnerte: breite Schallwand mit großen Chassis und den zugehörigen Bassreflex-Öffnungen, darüber in kugelförmiger Behausung das Uni-Q-Chassis. Dieses formbedingte Markenzeichen besteht in unterschiedlicher Ausprägung übrigens seit den 70er-Jahren. Entwickelt wurde die Vorgänger-Serie federführend von Dr. Andrew Watson. In den »/2«-Versionen ist die Reference im Jahr 2010 noch einmal verbessert worden, und in dieser Ausführung erlangte die 205/2 im November 2010 auch ihren Status als Abhörreferenz bei i-fidelity.net. Seitdem ist sie fester Bestandteil in Dutzenden Berichten gewesen. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Aber bei KEF gilt längst eine andere, eine wirklich neue Zeitrechnung. Die ist primär verbunden mit dem neuen Chefkonstrukteur Dr. Jack Oclee-Brown, dem amtierenden »Head Of Acoustics«. Seine technisch-akustischen Vorstellungen ließen sich nicht mehr auf das gewachsene Reference-Design übertragen. In aller Konsequenz hat das englische Team deshalb einen Schlussstrich gezogen und die Top-Serie von Grund auf neu konstruiert. Seit 2011 hat KEF in die Entwicklung der neuen Modelle laut eigener Aussage eine Arbeitszeit von 25.000 Stunden und ein Budget von gut einer Million Dollar investiert. Solche Möglichkeiten hat nur eine Handvoll Unternehmen.

Die aktuelle Modellpalette der Reference-Schallwandler besteht aus den Standlautsprechern 3 und 5 sowie der kompakten Reference 1. Spitzenmodell ist die jetzt im Hörraum stehende Reference 5. Sie ist mit einer Bauhöhe von knapp unter 140 Zentimetern und einem Gewicht von 60 Kilogramm je Stück ein echtes Statement. Sie wirkt wie das ansehnliche Modell eines Architekten, der einen schlanken und eleganten Wolkenkratzer entworfen hat. Ihre Hochglanzoberfläche ist makellos, und das Herzstück, das Uni-Q-Chassis, kann mittlerweile in unterschiedlichen Farben erworben werden, so dass ein attraktiver Kontrast zum Korpus möglich ist. Das Gewicht ruht auf zwei massiven Aluminiumträgern, an deren Ende sich die Aufnahme für die Spikes befindet. Ursprünglich war hier eine Platte vorgesehen, die sich in der Praxis allerdings als unpraktikabel erwiesen hat. Erster großer Pluspunkt: Die Spikes lassen sich nun ganz leicht von oben mit einem Inbusschlüssel nivellieren. KEFs Lautsprecher sind in puncto Raumabbildung so gut, dass sie auf die »Im-Lot-Ausrichtung« hörbar reagieren. Alles, was man für diese Optimierung braucht, ist eine handelsübliche Kreuzwasserwaage. Ist dieser Arbeitsschritt erledigt, kommen magnetische Abdeckplatten auf die Öffnungen, sodass man diese komfortable Lösung vom Hörplatz aus nicht sehen kann. Alles, aber auch wirklich alles an diesem Lautsprecher zeigt Perfektion. Wie kommt die eigentlich zustande?

In Maidstone im Südosten Englands befindet sich die Manufaktur für die Nobellautsprecher von KEF. Wer einmal gesehen hat, mit welcher Sorgfalt, oder besser Akribie, dort die Modelle Muon, Blade, Blade Two und auch die Reference gefertigt werden, dürfte der Marke KEF in hohem Maße Vertrauen schenken. Gegenüber der Fertigung hat KEF das Herzstück des Unternehmens eingerichtet, das »Acoustics Laboratory«. Wer diese Räume betritt, wähnt sich angesichts der vielen Computer nicht unbedingt in einem Entwicklungslabor für High-End-Schallwandler. Dort arbeitet das Team von Dr. Jack Oclee-Brown mit größtenteils selbst geschriebener Software an neuen Lautsprechern und Detaillösungen. Modelle der verschiedenen Einzelteile, die am Rechner entstanden sind, können dann mit einem 3D-Drucker unmittelbar in die entsprechende Komponente verwandelt werden. Hält diese die Vorgaben ein, entsteht ein echter Prototyp. Das ist ein hochentwickeltes System, welches die Brücke zwischen Theorie und Praxis äußerst effizient macht.