An welcher Stelle beginnt eine Musikanlage? Oder anders gefragt: Wo ist vorne? In der Regel werden diese Fragen kurz und knapp mit dem Satz »bei der Quelle« beantwortet. Richtig, wenn es um die Erzeugung des Musiksignals geht. Falsch, wenn es um die Betrachtung des Systems als Ganzem geht.

Denn auch die Quelle braucht zum Arbeiten Strom. Im besten Falle stammt der aus einer für HiFi-Zwecke optimierten Leiste. Sie ahnen es bereits, auch das ist nicht der Startpunkt. Denn der liegt schlicht und ergreifend bei der Wandsteckdose. Für gewöhnlich ist das ein weißes Plastikteil mit Schutzkontakten, die eher an den Stromabnehmer einer Modelleisenbahn erinnern. Butterweich und gerne auch mit Farbe vom letzten Anstrich bekleckert. Schaut man sich bei eingestecktem Netzstecker an, wie groß die Kontaktfläche zwischen Stecker und Buchse ist, läuft einem ein eiskalter Schauer über den Rücken. Unter dem Mikroskop wird ein Gebirge sichtbar, das nur an den Gipfeln tatsächlich Kontakt hat. Von der gesamten möglichen Fläche werden weniger als ein Prozent genutzt. Das ist eine Farce angesichts des Aufwands, der in der Anlage betrieben wird: Spikes, Cinch- und Lautsprecherkabel, Basen und diverses weitere Zubehör sind dort im Einsatz.

Wie relevant die Wandsteckdose tatsächlich ist, hat der Physiker und HMS-Chef Hans M. Strassner in aufwendigen Testreihen untersucht. Denn im Gegensatz zu manch anderem »High-End-Netzversorger« hält Strassner überhaupt nichts vom Trial-And-Error-Verfahren. Er selber führt dazu aus: »Wenn es eine Problematik gibt, dann ist es die definitive Pflicht eines Konstrukteurs, die Ursache zu suchen, sie zu erkennen und beschreiben und sich erst dann an ihre Beseitigung zu machen.«

Herangehensweise mit Sinn und Verstand

Hans Strassner besorgte sich anfangs verschiedene Schnellmontage-Wandsteckdosen und unterzog sie diversen elektrischen Messungen. Dabei kam heraus, dass der ohmsche Widerstand dieser Steckdosen zwischen 25 und 60 mΩ liegt. Zu hoch, befand der HMS-Chef. Allerdings konnte er diese Widerstände nicht auf das verwendete Material zurückführen. Was konkret für die Modelle des einen oder anderen Herstellers bedeutet, dass der Einsatz von Silber oder Gold allein überhaupt nichts bringt.

Strassner fand heraus, dass der überwiegende Teil der Kontaktfläche mit Luft und Oxidationsprodukten gefüllt ist. Um sich diese Kontaktarmut besser vorstellen zu können, nehmen wir ein Beispiel aus der Zahnmedizin. Sicher haben Sie auch die ein oder andere Plombe im Gebiss. Der Zahnarzt bohrt, um kariöse Stellen zu entfernen. Anschließend füllt er das entstandene Loch. Dann kommt der Test: »Beißen Sie bitte die Zähne zusammen.« Fast immer ist das Füllmaterial zu hoch im Zahn und man spürt, dass Ober- und Unterkiefer nur an einem einzigen Punkt Kontakt haben. Logisch, dieser Umstand ist weder für das Wohlbefinden noch für richtiges Kauen geeignet. Mit anderen Worten: Eine normale Steckdose ist nicht für vollständige Zufriedenheit mit der Klangqualität einer Musikanlage geeignet.