Wenn ein neues Lautsprecherkabel in der Redaktion eintrifft, erinnere ich mich gerne an ein lang zurückliegendes Erlebnis. Zu Beginn der 80er-Jahre nahmen die Entwicklungen im Kabelbereich zu. Die Hersteller experimentierten mit Materialien und Querschnitten, und manchmal gab es keine und ein anderes Mal dafür weltbewegende Klangunterschiede. Ich gebe zu, ich gehörte damals zu der Fraktion, die es für ausgeschlossen hielt, dass es klangliche Unterschiede zwischen Kabeln geben könnte. Aber natürlich war ich auch neugierig, und so tauschte ich eines Tages die typische Litzenleitung mit 0,75 Quadratmillimeter Querschnitt gegen ein Kabel mit dem vierfachen Durchmesser aus. Für die Geschichtsbücher: Mein Verstärker war ein Denon PMA-737 und die Lautsprecher stammten von Phonar. Wie die Prise Salz den Geschmack einer ganzen Suppe beeinflussen kann, so passierte es auch in meiner Musikanlage: Ein deutlich tieferer und akzentuierterer Bass sowie ein sanfterer und dennoch klarerer Hochtonbereich waren die hörbare Folge des Kabeltauschs. Nach diesem Erlebnis war ich im besten Sinne infiziert und wechselte umgehend das Lager. Seither sind über 30 Jahre vergangen, in denen ich mich nun schon mit High End beschäftige, und ich habe für mich persönlich die Erkenntnis gewonnen, dass auch und gerade beim Kabelvergleich Erfahrung durch nichts zu ersetzen ist.

Schon gar nicht durch die physikfreie Religion der Skeptiker. »Draht ist doch gleich Draht« – das ist ja grundsätzlich auch nicht verkehrt. Aber der Betrieb einer Glühlampe mit 230 Volt Wechselstrom hat leider nur entfernt etwas mit unserer Audio-Thematik zu tun. Geht es um die kabelgebundene Signalübertragung von Musik, spielen zwei Aspekte eine Rolle: Von den 100 Prozent, die ins Kabel gehen, kommt an dessen Ende nicht alles an, und auch die Übertragungsgeschwindigkeit spielt eine Rolle. Schwerwiegender ist allerdings der Umstand, dass die Reinheit des Signals von außen durch Störungen bedroht wird. Dass diese sich messtechnisch erfassen lassen, konnte im High-End-Magazin »hifi & records« in dem Artikel »HF ist immer und überall« unter Beteiligung von HMS bereits Ende der 90er-Jahre nachgewiesen werden. Seitdem hat sich die Situation sicher nicht verbessert, schließlich sind Smartphones erst Kinder des 21. Jahrhunderts und bei Weitem nicht die einzigen Störenfriede, die in unseren Haushalten hinzugekommen sind.

Was HMS-Chef Hans Strassner angerechnet werden muss, ist seine stoische Ruhe bei Neuentwicklungen, denn gut Ding muss Weile haben. Und da er auf dem Weg bis zum fertigen Produkt selten ein darüber Wort verliert, gibt es immer mal wieder Überraschungen. Ich hatte jedenfalls nach der Vorstellung eines Lautsprecherkabels mit dem Namen »Gran Finale«, das i-fidelity.net mit »überragender« Klangqualität bewertet hatte, nicht erwartet, dass sich der Leverkusener Kabel-Spezialist tatsächlich dazu aufschwingt, diesen Gipfel übertreffen zu wollen. Doch wer Hans Strassner kennt, weiß, dass er das gar nicht vorhatte. Beim theoretischen Durchdenken des Gran-Finale-Jubilee-Aufbaus fiel auch ihm in der Theorie keine Alternative ein. Aber das Wissen um elektrisch noch verlustärmere Materialien reizte ihn dann doch, einen alternativen Prototypen zu bauen. Diesen stellte er einigen Experten und Musikfreunden für Hörtests zur Verfügung. Nachdem er deren Urteil gehört hatte, blieb ihm wohl keine andere Wahl, als mit dieser Konstruktion in die Serienproduktion einzusteigen: Die neue Leitung erblickte unter dem Namen Suprema LS das Licht der audiophilen Welt.