Seitdem entwickelten und verfeinerten jene Spezialisten unter anderem zwei Technologien, die auch im HD 30 eingesetzt werden und dort Hand in Hand arbeiten: eine als »SynchroDAC« bezeichnete, symmetrische Signalverarbeitung, die ein Upsampling aller PCM-Datenströme auf eine Worttiefe von 32 Bit und eine Abtastrate von 192 Kilohertz vornimmt, sowie eine selbst entwickelte Taktgeberschaltung. Diese Masterclock ist direkt auf dem ebenfalls von Hegel entworfenen Konverter-Board platziert. Dort arbeiten zwei 32-Bit-DAC-Chips vom Typ AK4490EQ in Dual-Mono-Konfiguration; sie gehören zur obersten Modellreihe des japanischen Halbleiter-Spezialisten AKM.

Enorme Spielfreude

Joshua Redman knüpft mit »Still Dreaming« an das Album »Old And New Dreams« an, mit dem sein Vater Dewey Redman 1977 eine Brücke zwischen dem Free Jazz der Sechziger und dem Formalismus der Siebziger baute. Für dieses Projekt versammelte Joshua Redman mit Ron Miles an der Trompete, Scott Cooley am Bass und Brian Blade am Schlagzeug Jazz-Größen im Studio, die ihrerseits von Mitgliedern des damaligen Quartetts inspiriert wurden. Ziel des Ganzen war jedoch keine retrospektive Neuauflage, sondern ein Transfer des verbindenden Motivs in die Gegenwart des Jazz. »Still Dreaming« ist daher eine kreative Mixtur von Stilen, wobei der musikalische Dialog und die Aufnahme vor Energie strotzen. Einige Kompositionen dieses Albums erfordern allerdings wenigstens eine kleine Vorliebe für Free Jazz, die ich persönlich nicht habe, aber der HD 30 lässt mich hier dennoch interessiert dabeibleiben: Er scheint bei »New Year« mit seiner agilen Spielweise die Musiker weiter anzuheizen und bietet zugleich eine distanzierte Sicht auf die vordergründige Nervosität dieses Stücks an. Beim weniger aufgeregten »Unanimity« nehme ich dagegen gern den Platz in der ersten Reihe ein, denn der HD 30 lässt die überschäumende Spielfreude des Quartetts eins zu eins überspringen. Neben der unweigerlich mitreißenden Präsenz des Geschehens gerät die fein säuberlich gestaffelte, großformatige Bühnenabbildung fast zur Nebensache, zumal der HD 30 solche »audiophilen« Details ganz selbstverständlich in eine geschlossene Darbietung einbindet.

Nachdem mir der HD 30 sogar Zugang zu Musik eröffnet hat, die im Grunde nicht mein Fall ist, muss Programm folgen, für das mein Herz schlägt – zunächst Minimal House. »Wind« von Christian Smith & 2pole ist ein absolutes Highlight vom vergangenen Herbst und hat das Zeug zum Klassiker. Dieser lupenrein und vergleichsweise aufwendig produzierte Track offenbart sich umso klarer als solcher, je mehr feindynamische Differenzierung eine Komponente ins Spiel bringen kann – hier gehören kleinste Pegelabstufungen innerhalb einzelner Spuren zum Konzept. Der HD 30 legt diese zum Rhythmus leicht versetzten Muster unverkennbar deutlich offen und zeigt sich hier auch tief im Frequenzkeller in Hochform, stellt die synthetische Bassdrum wie eine mächtige Skulptur unverrückbar genau zwischen die Lautsprecher. Im selben Augenblick fällt mir erstmals auf, dass ein klingelnder Effektsound minimal in der Tonhöhe variiert. Der HD 30 präsentiert hier mehr Nuancenreichtum als jeder Wandler, mit dem ich diesen Track bislang gehört hatte, doch das ist gar nicht das Entscheidende. Charakteristisch für den HD 30 ist vielmehr seine Fähigkeit, Aufnahmen völlig zu durchleuchten und so das Allerkleinste sowie das große Ganze gleichermaßen offenzulegen.

»Les Jeux d’eau à la villa d’Este« aus den »Années de Pèlerinage III« von Franz Liszt gehört zu den Klavierstücken, die mich in besonderer Weise berühren – ebenso wie das virtuose Spiel von Hélène Grimaud. Daher kenne ich diese Passage der Live-Einspielung ihrer »Water«-Tournee in- und auswendig, und dennoch fällt mir bei den ersten Takten die Kinnlade herunter: Die tonale Auflösung des HD 30 ist wirklich phänomenal, er lässt den Flügel in seiner ganzen Klangfarbenpracht geradezu organisch wirken. Die Klarheit, mit der Grimauds Tempo-Variationen jetzt hervortreten, und die Natürlichkeit, mit der die Musik jetzt fließt, erinnern mich an das Konzert in der Hamburger Laeiszhalle. Großes Kompliment: Mit dem HD 30 steht eine Tür zur Musik sperrangelweit offen.