Leistung ist nicht nur gleich Watt

So kommt dann auch die Genelec G Four mit zwei »nur« 90 Watt starken Endstufen aus und übertreibt damit schon fast, denn der Verstärker für die Hochtöner ist damit quasi schon beliebig überdimensioniert. Aber es ist Philosophie bei Genelec, dass alle Treiber die identische Endstufentechnik als Antrieb verwenden, um maximale Homogenität zu gewährleisten. Die Endstufen nutzen dabei das massive Alugehäuse als Ableitung für ihre Wärme. Die kleineren Geschwister G One, G Two und G Three kommen gar mit je zweimal 12, 20 und 40 Watt pro Endstufe aus. Glauben Sie nicht, dass die vergleichsweise geringe Leistungsangabe Konsequenzen für die erreichbare Lautstärke hat – die Finnen wissen auch Partys zu feiern.

Das ließ sich im Hörtest auch schnell beweisen, denn was die kompakten Böxlein an Pegel rausschieben können, ist verblüffend – und schon wirken die scheinbar großspurig in den Datenblättern angegebenen Maximalschalldrücke durchaus realistisch. 105 Dezibel soll die G Four in einem Meter Abstand locker machen können. Das ist mehr als erstaunlich für eine Box, deren Front kaum größer als ein DIN-A4-Blatt ist. Die G-Serie läuft bei Genelec unter der Rubrik Near- und Midfield-Monitor, und auch das konnten die Tester schnell verifizieren. Bei dem im Testkino gängigen Hörabstand von circa 4,5 Metern ließen sie bereits ein wenig an Autorität im tieferen Bass vermissen, was sich bei Abständen unter 3,5 Metern jedoch schnell änderte. Die kompakte Präsenz dieses Lautsprechers setzte sich homogen bis in den nun straffen und stabil wirkenden Bass fort. Bei größeren Hörabständen ist also ein passender Subwoofer zu empfehlen. Hier greift das kleine, aber gut verzahnte Programm von Genelec wieder nahtlos ineinander. Es sind halt Profis.

Auch beim Klang merkt man in positivsten Sinn das Erbe aus dem Profilager. Denn die Genelecs klingen charakterlich doch anders als das Gros der aktuellen HiFi- und High-End-Lautsprecher. Sind diese eher auf eine gewisse Leichtigkeit und im besten Sinne des Wortes Wohlklang gezüchtet, gibt sich die Genelec vergleichsweise schonungslos »ehrlich«. Diese Vokabel dürfte es wohl am besten treffen. Ein Charakterzug, den die meisten wohl von guten Konzert-PAs kennen. Wie eine gute Beschallungsanlage besitzt die G Four etwas Direktes, Straffes und Forsches, Treibendes. Und sie grooved ungemein. Ob flotter Boogie, lange Spannungsbögen eines klassischen Konzerts oder ausschweifenden Konzeptalbums – selten hat ein Lautsprecher emotional so mitgerissen. Und noch etwas sticht hervor, das in der Regel erst sehr viel größere Lautsprecher so entwickeln – nämlich Lautes wirklich laut empfinden zu lassen, um dann beim Ausklingen im absoluten Nichts zu verschwinden.