Mit »White Blank Page« von Mumford & Sons eröffnen wir den Reigen. Der ECI 5 MKII hat etwas für Stimme und akustische Gitarre übrig. Es ist, als ob er Instrument und Stimme sanft durch das Stück trägt. Zumindest die erste Minute, denn bei 1:15 wird es ernst: Schlagwerk, Chor und Banjo kommen hinzu – und was passiert mit der Diktion des Electrocompaniets? Nichts, souverän, ohne jegliche Anstrengung bewältigt er die Dynamiksprünge, und sein entscheidender Vorteil wird zum ersten Mal hörbar: Er lässt Musik fließen.

Dann stellen wir ihm mal eine Hürde in den Weg, die schwer zu überwinden ist: The Black Eyed Peas mit ihren neuem Album »The Beginning«. Nicht jedermanns Musik, aber gut, um Grenzen in den Bereichen Dynamik und Energie zu bestimmen. Also »The Time« starten, abwarten, bis Sänger »Will I. Am« und  Sängerin »Fergie« die Anfangssequenz hinter sich gebracht haben, denn nach exakt 60 Sekunden kommt die Wahrheit. Der ECI 5 MK II nimmt die Hürde zunächst nicht in allerletzter Konsequenz, denn der stampfende, knallharte Elektrobeat ist in den Spitzen zu weich.  

Ein Wechsel der Feinsicherung im Gerät führt zu einem spürbar anderen Ergebnis. Da, wo der Norweger bisher eher elegant um die Spitzen herumkurvte, schlägt er jetzt zu. Dem pumpenden Beat gibt er mit Padis-Rhodium-Sicherung keinen Millimeter mehr nach – klasse. Aber von derartigen musikalischen Grenzsituationen begeben wir uns mal schnell in heimatliche, eher natürliche Gefilde und legen Diana Krall auf.

Tatsächlich, mit der »Frim Fram Sauce« kommen wir in der richtigen musikalischen Dimension an. Es ist erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit der ECI 5 MKII neben der eindrucksvollen Klangqualität vor allem Atmosphäre vermitteln kann. Es geht eben in dieser Klasse auch nicht nur darum, dass Tonalität von Klavier und Kontrabass stimmen, sondern auch darum, einen wirklichkeitsgetreuen Eindruck von der Umgebung zu erhalten. Dem Electrocompaniet gelingt das eindrucksvoll. Frau Krall singt nicht nur, sondern sie ist unser persönlicher Gast in dieser Konstellation.

Live, laut und vollkommen direkt

Beim Musikprojekt »Schiller« des Christoper von Deylen sind Live-Aufzeichungen durchwegs von hoher Qualität, wie das Album »Atemlos Live« gerade wieder zeigt. Sein enormes Klang-Potential demonstriert der ECI 5 MK II bereits beim zweiten Stück der CD »Soho«. Ein Stück Musik für einen im Kopf des Hörers entstehenden Film. Bis 1:52 für viele Verstärker kein Problem, aber dann kommen elektronisches und mechanisches Schlagzeug plus Keyboards als große, einheitliche Wand auf den Hörer zu. Luftig, schnell, präzise und dennoch nicht kalt, hart oder oberflächlich zelebriert der norwegische Amp das Stück.

Gehen wir zu Sting, der sich gerade mit »Live In Berlin« wieder ein klingendes Denkmal gesetzt hat. Begleitet wird der aus Newcastle stammende Sänger vom Royal Philharmonic Concert Orchestra, das den Stücken zusätzlichen Reiz verleiht. »Why Should I Cry For You?« ist ein überwältigender Genuss mit dieser Anlage. Präzise gespielt, hervorragend arrangiert und mit Pathos vorgetragen. Dem Electrocompaniet ECI 5 MKII gelingt mühelos die korrekte Bühnenabbildung und die Herausarbeitung von Stings Charakterorgan, und obwohl die Halle kein direkter Schallerzeuger ist, werden ihre Dimensionen per Gehör »sichtbar«. Eine großartige Vorstellung von Sting und Electrocompaniet, für die sich beide ein »überragend« verdient haben.