Sobald am Netzteil über den Schalter die Stromzufuhr aktiviert wird, zeigen die beiden aus Aluminium gefertigten und identisch großen Blöcke dies durch eine blaue LED an. Eingeschaltet wird das Gerät durch längeres Drücken auf die Power-Taste, welche kurz gedrückt während des Betriebs den Ausgang stumm schaltet. Elektrische Anpassungen an den Tonabnehmer sind übrigens nicht vorgesehen. Doch mit einer Eingangsimpedanz von 550 Ohm für MC- und 47 Kiloohm für MM-Tonabnehmer lassen sich die meisten Modelle problemlos betreiben. Uns gefällt diese Entscheidung, weil die ablenkende »Hab-ich-den richtigen-Wert-eingestellt«-Frage entfällt und man sich hundertprozentig dem Hören widmen kann.

Quelle zum Musikhören war natürlich das modifizierte Clearaudio-Laufwerk Anniversary, das mit den Kombinationen aus Tracer-Tonarm und Goldring-Ethos sowie dem 12-Zoll-Tonarm Unify mit Clearaudio-Tonabnehmer Stradivari bestückt ist. Mit dem ruhigen »Rim Sin Stemme« von Kari Bremnes gelingt der Auftakt. Im Vergleich zu einem röhrenbestückten Phono-Pre liefert der Balance V2 nicht nur ein klareres Bild, sondern auch gleich eine deutlich bessere Raumausleuchtung. Und noch etwas deutet der kompakte Clearaudio hier an: Er scheint in den unteren Oktaven über beeindruckende Reserven zu verfügen, zumindest deuten darauf die tiefen und sauberen Impulse hin, die in diesem Stück elektronisch erzeugt werden. Ohne jeglichen Fehl und Tadel gelingt ihm die natürliche Abbildung der Stimme.

Volle Kraft voraus

Dann lassen wir dem Balance V2 mal freien Auslauf und legen das Album »Exciter« von Depeche Mode auf den Teller, der MC-Tonabnehmer Stradivari übernimmt die Abtastung. Vom ersten Moment an packt einen die Wiedergabe, weil sich der pulsierende Rhythmus ungehindert seinen Weg bahnen kann. So wird »I Feel Love« zu einem klanglichen Erlebnis. Dagegen lässt es die zum Vergleich herangezogene Röhrenvorstufe sehr viel gemächlicher angehen, auf Dynamik verzichtet sie weitestgehend, und von energetischem Druck kann überhaupt keine Rede sein. Beim Zurückwechseln auf den Clearaudio-Phonoverstärker fällt zudem auf, dass er viel mehr Details liefert. Ein kurzer Wechsel auf den Kopfhörerausgang der Balance V2 offenbart, dass er weit mehr als eine Alibi-Ausstattung ist: Er fällt vor allem durch seine transparenten Abbildungseigenschaften auf. Es spricht also überhaupt nichts dagegen, auf kleinstem Raum eine Kombination aus Plattenspieler und dem Clearaudio Phono zu betreiben.

Auch das Album »Munich 2016« von Keith Jarrett scheint für das Erlanger Duo wie gemacht zu sein. Neben den wunderbaren Klangfarben des Pianos gelingt vor allem auch die atmosphärische Übertragung, denn zu Beginn geht es vergleichsweise wild zu, doch Jarrett beruhigt sich mit zunehmender Dauer. Da zieht sich bei anderen Vorverstärkern nur der graue statt des roten Fadens durch das Werk. Mit dieser Performance reiht sich die Balance V2 durchaus in höchste Kreise ein – nur beim Preisschild nicht. Vor rund 36 Jahren hat Mark Knopfler Tina Turner den »Private Dancer« auf den Leib geschneidert, und wenn ein Stück, das man im Laufe der Jahre so häufig gehört hat, tatsächlich noch einmal neue klangliche Aspekte zeigt, dann ist der Sinn und Zweck von High End hundertprozentig erfüllt.