Ein Auftritt nach Maß

Nachdem die Canton ein paar Tage Zeit hatte, sich bei normalem Wiedergabepegel einzuspielen, stand die erste Runde der Hörtests auf dem Programm. Als Signallieferanten arbeiteten ein Clearaudio-Laufwerk und der Marantz SA-KI Pearl. Für die Verstärkung kam das bewährte Audionet-Trio bestehend aus dem Vorverstärker PRE I G3 und den Monoblöcken AMP zum Einsatz. Schon beim ersten Titel »Quarter Moon« von Cheryl Wheeler wurde klar, dass die Canton unsere Erwartungen nicht erfüllen würde. Wir hatten mit einem HiFi-Lautsprecher gerechnet – und uns damit komplett verrechnet.

Denn die Reference 5.2 DC bringt Tugenden mit, die zweifelsfrei in der höchsten Liga angesiedelt sind. So werden die Klavieranschläge bis in die feinste dynamische Struktur wiedergegeben. Jeden einzelnen Ton möchte man ob seiner Schönheit eigentlich festhalten. Keine Ahnung, wann wir einen Titel zuletzt viermal in Folge gehört haben. Ist man mit der Piano-Faszination durch, bleibt man bei Wheelers Stimme hängen, die genau zwischen den Lautsprechern größenrichtig tönt und dabei auch noch das richtige Maß Luft um sich herum hat.

Das kann doch nicht sein – entzaubern wir die Canton doch mal flugs mit dem Dave Brubeck Quartet. »Take Five« eignet sich nach wie vor dazu, Spreu von Weizen zu trennen. Aber die Reference lässt sich nicht aus dem Tritt bringen. Der Kontrabass sauber, tief und tragend, die Becken hell, aber nicht gläsern, und die Bespannung der Bassdrum ist authentisch. Um hier keinen Fehler zu machen, musste die noch amtierende Referenz herbeigeschafft werden, die 7.800 Euro teure Revel F52. Sie fächert das Geschehen räumlich ähnlich exzellent auf und geht auch mit der Klangfarbe des Saxophons goldrichtig um. Der Punkt ist nur, dass die erheblich preiswertere Canton es ähnlich gut versteht, Instrumente zu staffeln und eine Auflösung zu bieten, die der Revel in nichts nachsteht – da bahnt sich eine Überraschung an.

Bis die Polizei kommt

Als bewährter Stolperstein für Titelanwärter eignet sich die MFSL-Version »Synchronicity« von The Police. Beim Track »Synchronicity II« verlieren die meisten Schallwandler ihre Contenance und würzen das Klangbild mit allerlei in Eigenleistung produziertem Schall. Auf den höheren Pegel hat die Reference anscheinend gewartet: Sie prügelt das Schlagzeug knochentrocken in den Raum, Sting darf wild auf seinem Bass herumzupfen, und die Gitarre strahlt oben drüber. Eine Anstrengung für den Lautsprecher? Technisch und mechanisch sicher, aber der Hörer bekommt nichts davon mit. Das ist ohne Frage von höchster Klasse.

Wie sieht's denn mit der atmosphärischen Abbildung aus? Udo Lindenberg hat »seine« Lieblingstitel gerade in einer MTV-unplugged-Produktion im Hotel Atlantik eingespielt. Wer den Raum rund um die Bar dort kennt, wundert sich immer wider über die Akustik, die mit einer Mischung aus Bahnhofshalle und Wohnzimmer vielleicht passend zu beschreiben ist. »Das Leben« mit Gastmusiker Martin Tingvall am Piano projiziert die Canton wie ein großer akustischer »Beamer« in unseren Hörraum. Dabei ist es selbstverständlich nicht die Klangqualität oder die Professionalität der Musiker, die fesselt, sondern es ist die eindrucksvolle Vermittlung der Atmosphäre – es fehlt nicht viel und man sucht in seiner Tasche nach seinem Zimmerschlüssel fürs Atlantik.

Zeit für die Meisterprüfung

Jon Thornes und Danny Thompsons fantastisches Album »Watching The Well« verschwindet im Player. Mit »The Light That Guides« beginnt die CD. Die Canton bildet die Gitarre präzise und sehr räumlich ab. Die der Untermalung dienenden, mit Cello und Violinen erzeugten Flächen reichen weit in die Tiefe und auch über die Stereobasis hinaus. Das Tremolo der bei knapp drei Minuten einsetzenden Frauenstimme ertönt in maximaler Nähe zum Original. Als Hörer hat man die Möglichkeit, tief in dieses Klangbild einzutauchen – das ermöglichen einem so nur ganz wenige Spitzenlautsprecher.