Nach dem Drücken der Power-Taste dauert es 47 Sekunden, bis die Röhren aufgeheizt sind und der Canor-Vollverstärker Virtus I2 einsatzbereit ist. Eine langsam blinkende rote LED begleitet diesen Vorgang. Doch vor der ersten Inbetriebnahme müssen die vier großen, streng selektierten KT88-Röhren von Harmonix in ihre Sockel gesteckt werden. Das erfolgt natürlich nicht wahllos, sowohl die Sockel als auch die Röhren sind nummeriert und bilden somit das technisch passende Gespann. Dabei einen Fehler zu machen, ist nahezu ausgeschlossen. Anschließend wird der massive Deckel, dessen Ästhetik von den symmetrisch verlaufenden Kühlungsgittern geprägt wird, mit Schrauben fixiert.
Der in Silber und Schwarz lieferbare, gut 26 Kilogramm schwere Virtus I2 besitzt die von Canor gewohnte massive Frontpartie mit dem schwarz glänzenden Bedienfeld hinter transparentem Acrylglas unterhalb des Lautstärkereglers. Ein gelbfarbenes Punktdisplay, dessen Helligkeit sich in fünf Stufen an das Umgebungslicht oder die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt, zeigt den gewählten Eingang sowie die eingestellte Lautstärke an. Der niedrigste Pegel beträgt -63 dB, er wird in Ein-Dezibel-Schritten erhöht, bis am Ende der Leiter »MAX« im Display erscheint. Geregelt werden kann die Lautstärke über die mitgelieferte Fernbedienung oder den großen, zentral angebrachten Drehregler. Dieser steuert ein Relaisnetzwerk, das neben der feinen Abstufung laut Aussage des Herstellers nur eine minimale Kanalabweichung zulässt.
Aus klanglichen Gründen sind Röhrenverstärker oftmals freiverdrahtet aufgebaut. Sicherheits- und Betriebsauflagen sorgen allerdings dafür, dass es diese Konstruktionsmethode wohl bald nicht mehr geben wird. Es braucht also eine Platine als Träger für die Bauteile – und gute Ideen, wie das musikalische Resultat aus der Freiverdrahtung auch auf einem PCB-Board (»Printed Circuit Board«) erreicht werden kann. Canor hat deshalb bei der Entwicklung des Platinenmaterials Wert darauf gelegt, den dielektrischen Verlustfaktor dem von Luft anzunähern, ihn also auf das erreichbare Minimum zu reduzieren. Das hat funktioniert und ermöglicht zudem die Einhaltung der hohen Serienstandards in der Fertigung, die sich i-fidelity.net vor zwei Jahren bei einem Firmenbesuch im slowakischen Prešov aus der Nähe anschauen konnte.