Interview

mit IDC-Klaassen-Geschäftsführer Martin Klaassen

i-fidelity.net:   IDC-Klaassen hat vor eineinhalb Jahren den Vertrieb der slowakischen Marke Canor übernommen, die zuvor in Deutschland nur bei einigen wenigen Klangenthusiasten bekannt war. Erläutern Sie uns die Gründe für diese Entscheidung?

Martin Klaassen:   Mit einfachen Worten, Liebe auf den ersten Blick und natürlich Liebe auf den ersten Ton. Wir waren seit langer Zeit auf der Suche nach einer Elektronikmarke, die kompromisslos zu unseren Vorstellungen passen sollte: dazu gehören polarisierendes Design, höchste Klangqualität bei sinnvollem Preis-Leistungsverhältnis. Des Weiteren muss die handwerkliche Verarbeitung Augen und Händen standhalten. Kaufmännisch betrachtet war klar, dass wir keine Form von Umsatzdruck akzeptieren werden. Schlussendlich erlaube ich mir nach vier erfolgreichen Jahrzehnten in der Branche auch noch den Luxus, dass die Leute, mit denen ich heute noch zusammenarbeiten möchte, auch menschlich passen müssen. Canor erfüllt diese Ansprüche in überraschend hohem Maße. Ob bekannt oder unbekannt spielte für uns keine Rolle. Wir waren völlig überzeugt vom Gesamtpaket und sind in den vergangenen 18 Monaten darin bestätigt worden, dass der Bekanntheitsgrad sehr schnell steigen wird. Gerade die geniale Klang- und Verarbeitungsqualität verbunden mit diesem Preis-Leistungsverhältnis sind heute eher die Ausnahme.


i-fidelity.net:   Können Sie uns erklären, warum das bis dato ganze sechs Komponenten umfassende Portfolio jetzt ausgerechnet mit einer zweiten Phono-Stufe erweitert wird?

Martin Klaassen:   Zunächst muss man die Produktstruktur betrachten: Die Modelle der Gruppe 1.10, also die Röhren-Komponenten Vollverstärker, DAC/CD-Kombination, Phonovorverstärker und der Transistorverstärker gehören zur momentan aufwendigsten Kategorie und haben die selben Abmessungen. Dadurch bildet diese Gruppe eine qualitative wie optische Einheit. Die Modelle der 2.10-Gruppe also Hybrid-Vollverstärker und DAC/CD Kombination vermisste aufgrund der anderen Gehäusegrößen und niedrigerer Preisklasse den passenden Phono-Vorverstärker. Daher ist dieses Modell die logische Abrundung der Modellgruppe.


i-fidelity.net:   Canor-Verstärker und CD-Spieler klingen nach unseren Erfahrungen exzellent, bieten Top-Verarbeitungsqualität und sind in Relation betrachtet dazu auch noch preiswert. Damit sind alle Voraussetzungen für Selbstläufer geschaffen. Sie stoßen im Markt folglich auf keine Hindernisse mehr, oder?

Martin Klaassen:   Diese Schlussfolgerung ist scheinbar logisch, aber die Wirklichkeit und das heißt für uns als Vertrieb natürlich die alltägliche Praxis stellt sich als geteilt dar. Einen klaren Grund erkenne ich darin, dass die Fachhandelsstruktur in Deutschland Neuem nur selten aufgeschlossen gegenübersteht. Nicht, weil Neues richtig gut sein kann. Nein, weil es Arbeit bedeutet. Viel einfacher und bequemer ist es, vorverkaufte Marken mit einem Hauch von Beratung an den Kunden zu bringen. Es ist und bleibt der Weg des geringsten Widerstands. Die eigene Kompetenz durch eine intensive Beratung über gerade solche Produkte wie Canor zu stärken, erfordert nunmal persönliches Engagement. Bester Treibstoff ist dafür nach wie vor die Leidenschaft für unser Thema. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es der eigenen Auseinandersetzung mit den Eigenschaften der Komponenten. Wissen Sie was, diese Motivation fehlt mir heute bei vielen Händlern. Denn selbst, wenn sie die Marke Canor anschließend nicht verkaufen wollen, besitzen sie doch durch einen solchen Schritt mehr Know-how als vorher. Schlussendlich empfinde ich dieses Verhalten in Summe als großen Nachteil für die Kunden.
Ich erinnere mich an die Anfangszeit des HiFi in Deutschland. Damals wurden dem Kunden Marken angeboten, von denen er vorher nie gehört hatte. Gekauft hat er solche Produkte dann, weil er auf die aktive kundenorientierte Beratung des Verkäufers vertraut hat. Weil er die Kompetenz seines Händlers anerkannt hat. Glücklicherweise gelingt es IDC-Klaassen immer wieder, Fachhandelspartner zu finden, die bereit sind, den Weg der kompetenten Beratung und der Vermittlung des eigenen Wissens und ihrer Überzeugungen erfolgreich zu gehen. Nur so entstehen langfristige, vertrauensvolle Verbindungen.


i-fidelity.net:   Weltweit sind Unternehmen von Lieferengpässen betroffen, dabei wird vor allem die Automobilfertigung immer wieder als schwer betroffen genannt. Läuft denn bei der Unterhaltungselektronik-Produktion aktuell alles reibungslos?

Martin Klaassen:   Ein klares Nein ist hier die einzig mögliche Antwort. Unabhängig von den Lieferengpässen, die oft durch ein winziges, aber fehlendes Bauteil entstehen, kommen noch die extremen, weltweiten Logistikprobleme hinzu. Hat man die Fertigungsprobleme gelöst (auch da kämpfen wir aktuell mit Preissteigerungen von 20 Prozent und mehr), fängt der Logistikpoker an. Bekomme ich einen Container, ist der gleich zehn- oder zwanzigmal teurer als vorher. Wenn man schließlich einen erwischt, kommt die Schiffskapazitätslotterie ins Spiel. Häufig dauert es Wochen bis ein freier Platz gefunden wird. Ich möchte hier nicht weiter auf diese Thematik eingehen. Denn mit der Anlandung und der folgenden Zollabfertigung beginnt gleich das nächste Drama. Wir müssen uns generell von einer sofortigen Verfügbarkeit der Produkte verabschieden und gleichzeitig darauf einstellen, dass die Preisschraube weiter angezogen wird. Positiv für IDC-Klaassen ist allerdings, dass unser Team viele dieser Unwegsamkeiten auffangen konnte. Da verrate ich Ihnen nur, dass für diese Lösungen Kreativität und Hirnschmalz erforderlich sind, aber Händler und Kunden danken es uns.