Eine gute Kompakte lässt den Wunsch nach mehr Bass gar nicht erst aufkommen. Sie mag es an der Wucht einer Standbox mitunter vermissen lassen, musiziert tonal häufig aber stimmiger. Nicht nur, dass die 805 den Tief- und Grundtonbereich proportioniert und präzise abbildet. Vor allem löst sich ihr Klangbild geradezu ideal von den Wandlergehäusen. Es erstreckt sich zwar nicht sehr weit in die Höhe, dehnt sich aber ideal in Bühnentiefe und -breite aus. In puncto Räumlichkeit hatten B&W-Lautsprecher ja immer schon exzelliert. Wie kaum andere ihrer Gattung schienen sich gerade die großen Modelle ganz aus dem Klangbild zurückzuziehen. Eine Kompakte musiziert in dieser Disziplin schon von Natur aus noch glaubwürdiger. Und so verschwindet die 805 auf ideale Weise hinter der Musik. Keine ganz neue Erfahrung, gewiss, aber immer wieder faszinierend.

Tonal hat sich jetzt einiges getan. Zwar habe ich mit der 802D lediglich eine Referenz aus der vorvorvergangenen Generation, kann also nicht mit dem unmittelbaren Vorläufer und noch nicht einmal innerhalb der gleichen Gattung, nämlich zwischen den Kompakten, vergleichen. Aufschlussreich ist der Kontrast dennoch. Er fällt, wenig überraschend, groß aus: Die 805 lässt es an Kraft nicht vermissen, aber sie musiziert immer feinzeichnend, luftig und aufgelöst. Frühere B&Ws hatten die Bühne oft noch vor die Lautsprecherebene projiziert, sie also tendenziell nah an den Hörer herangerückt. Dafür war wohl die Kevlar-Mitteltoneinheit maßgeblich mitverantwortlich, und das war und bleibt faszinierend, weil unglaublich involvierend. Mich hat diese geradezu haptische Dreidimensionalität immer begeistert. Es gibt aber Hörer, denen das im Doppelsinn zu präsent erschien, es rückte ihnen tonal und auch räumlich zu sehr auf den Leib. Die neueste Generation erscheint mir da ein ganzes Stück zurückhaltender. Noch mehr Neutralität auch in den immer zu Recht gerühmten Mitten zu erzielen, das war wohl das erklärte Ziel der Entwickler, und das scheint mir insbesondere durch die Continuum-Membran des Tiefmitteltöners gelungen zu sein.

Vermag der Lautsprecher zu swingen?

Ich höre Debussys »Préludes« in der kongenialen Interpretation von Krystian Zimerman (Deutsche Grammophon). Die höchst sensibel und lichtstark aufgenommene CD kann in manchen Konstellationen etwas hell wirken. Hier besitzt der Klavierton Substanz und schwingt natürlich aus. Alle Obertöne und Schwebungen werden in atmosphärischer Weite abgebildet. In gut aufgenommenen Opern-Einspielungen, so in Richard Strauss' »Frau ohne Schatten« unter Giuseppe Sinopoli (Teldec), stehen die Sänger in realistischer Größe und stimmig mit dem Orchester proportioniert auf einer natürlichen Bühne. Neeme Järvis Göteborger Sibelius-Aufnahmen (BIS) waren schon in den 1980er-Jahren wahre Muster an dynamischer und tonaler Natürlichkeit und sind es bis heute geblieben. Mit der 805 tragen die Streicher fein und seidig auf, erstreckt sich das Orchester weit in Breite und Tiefe. Vermag der Lautsprecher zu swingen? Und ob! Oscar Peterson darf es beweisen. Der alte Dauerbrenner »We Get Requests« verfehlt auch hier seine Wirkung nicht, und die 805 geben mir dank ihrer Feinauflösungsfertigkeiten auch klar die Vorzüge der K2-HD-CD gegenüber der herkömmlichen CD zu erkennen. Umgekehrt verraten mir ihre Monitorqualitäten auch deutlich, wenn etwas schlecht aufgenommen wurde.