Wenn die Form der Funktion folgt, muss das Ergebnis nicht nüchtern aussehen. Im Gegenteil, die schlechthin rationale Design-Maxime vermag Ikonen hervorzubringen, die heiß, ja mitunter kultisch verehrt werden. Zu den großen Ikonen des High End gehören ohne Frage die Lautsprecher von Bowers & Wilkins: In der Schnecke der Ur-Nautilus und in den abgeleiteten Formen nahm eine handwerklich hochgerüstete und technisch von Grund auf fundierte Klangphilosophie auch optisch Gestalt an. Es waren vor allem die großen Lautsprecher, die sich ins visuelle Gedächtnis der Audiophilen eingebrannt hatten. Der von der Tieftoneinheit abgesetzte und weit nach hinten ausgezogene Tropfen der Marlan-Mitteltoneinheit, darüber die Röhre mit dem Hochtöner – das sah gut, prägnant und so individuell wie kaum ein zweiter Lautsprecher aus. Ähnliche Wiedererkennungseffekte und vergleichbare Affekte lösten weltweit allenfalls noch die »blauen Augen« eines McIntosh-Amps aus.

Dabei war das aparte Äußere der B&Ws in erster Linie technisch begründet. Auf die inneren Werte kam es den Entwicklern an. Es diente dem störungsfreien Klang, Hoch-, Mittel- und Tieftoneinheit auf getrennte und – zur Vermeidung von stehenden Wellen – gerundete Gehäuse zu verteilen. Schon die Schreinerarbeit war ein Kunststück, das ein wichtiges Feature gar nicht mal dem Blick preisgab: Eine aufwendige, »Matrix« genannte Innenverstrebung soll bis heute jede noch verbleibende Resonanz austreiben. Das alles dient, wie gesagt, vornehmlich dem Klang, aber es machte auch optisch etwas her. Und wer wollte das attraktive Äußere nicht gerne in Kauf nehmen! Ehrlicher konnte eine Marke kaum Kultwert erlangen als seinerzeit die Nautilus.

Der nächste Evolutionssprung erfolgte zu Beginn der 2000er-Jahre. B&W verpasste den größten ihrer jetzt nicht mehr eigens so benannten Nautili einen Diamanthochtöner, und das zu einem damals unschlagbaren Preis. Ich selber habe den Wechsel von der Nautilus 802 mit ihrer Aluminiumhochtoneinheit zur 802D miterlebt und als einen immensen Fortschritt empfunden. So klar, strahlend und natürlich erlebte man bis dato selten einen Tweeter. Ein neues Faszinosum, das bald zum neuen Markenzeichen werden und allmählich auch Eingang in die Modelle der Folgeserien finden sollte. Dann kam das Jahr 2016. Jetzt wurde die Königsklasse generalüberholt, technisch, im Material und auch optisch. Der Diamant funkelte natürlich auch in der »D3« genannten Serie, aber sonst war fast alles neu bedacht und verändert worden. Selbst die gelbe Kevlarmembran der sickenlosen Mitteltoneinheit, die das ikonische Äußere doch maßgeblich mitgeprägt hatte und in der Folge viel imitiert wurde, selbst sie musste weichen. An ihre Stelle trat ein neuer Werkstoff, in zurückhaltendem Silbergrau und »Continuum« genannt.