Mit solchen Erfahrungen im Hinterkopf wird man allerdings umso mehr würdigen können, was der neue ART G3 zu leisten im Stande ist. Ich höre Beethovens Klaviersonaten mit András Schiff (ECM) und bin nach den ersten Tönen der »Mondscheinsonate« vollauf begeistert. Denn in diesen ersten Sekunden offenbar sich mit dem ART G3 alles, was einen Flügel in einem Saal ausmacht: Die tiefe Cis-Oktave steht, obwohl nur leise angeschlagen, geradezu ehern im Raum. Allein bei diesem einen Ton möchte ich manche CD-Player am liebsten wieder zurückschicken. Denn es gelingt beileibe nicht allen, leise und solide zu spielen. Der Audionet jedoch vermittelt schon bei diesen geringen Lautstärken ein Gefühl von der Wucht des Flügels, zeigt, dass ein Steinway D-Flügel nicht umsonst stramme 500 Kilogramm auf die Bühnenbretter stellt. Dabei geht es übrigens nicht um reinen Bass oder massig bewegte Luft: Ist die Quelle gut, kann man diese eher innere Autorität eines Klanges auch über eine kleine Spendor erfahren.

András Schiff spielt weiter und folgt penibel Beethovens Pedalanweisungen, wechselt die Dämpfung also nicht bei jedem Harmoniewechsel, wodurch nach wenigen Takten ein extrem komplexer Obertonnebel entsteht. Bei schlechteren Playern klingt dieser Nebel schlicht diffus, der ART hingegen löst ihn feinst auf, lässt mich gleichsam um die einzelnen Verästelungen herumhören und fügt doch alles zu einem logischen Ganzen. Ganz nebenbei entwirft der Audionet zwischen den Lautsprechern ein wunderbar glaubhaftes und regelrecht spürbares Bild des Bühnenraums der Zürcher Tonhalle, in der diese Aufnahmen entstanden.

ART G3 ist einer, der sein Handwerk beherrscht

Diese immense Übersicht bewahrt sich der ART G3 auch bei komplexen Opern-Aufnahmen. Es wird mit ihm leichter, den Sängern bei Wagners »Lohengrin« (EMI, Wiener Philharmoniker, Rudolf Kempe) zu folgen, sie in einen sinnhaften Zusammenhang mit dem begleitenden Orchester zu setzen. Denn selbst aus dieser aus audiophiler Sicht nicht sonderlich gelungenen Aufnahme extrahiert der Player ein Höchstmaß an verwertbarer Information, was letztlich in einer gesteigerten musikalischen Dichte resultiert. Er beweist nachdrücklich, dass eine technisch extrem sauber konstruierte Komponente nicht – wie so oft behauptet – tot und unmusikalisch klingen muss. Bei ihm wird eher umgekehrt ein Schuh daraus: Dank seiner kommentarlosen und über die Maßen peniblen Signalauslese und -aufbereitung nähern wir uns den Künstlern und ihren Intentionen in einem nur selten erlebten Maße. Ob ich nun den feinsten Linien der hohen Streicher im Vorspiel folge, die saubere Verzahnung zwischen Solisten und Orchester erlebe oder die Handlung im präzise gezeichneten virtuellen Raum beobachte – der Audionet bringt mich einfach dichter an Rudolf Kempe und seine Kollegen heran.

Ein Punkt, der mich natürlich nach meinen Erlebnissen mit den älteren Generationen des ART interessiert, ist der klangliche Einfluss der Granitplatte. Sie hat den Player immer klanglich geerdet, ihm eine »analoge« Tonsubstanz mit auf den Weg gegeben, andererseits aber auch die allerletzte Kantenschärfe der Konturen im Bass verhindert. Dies war nie ein Beinbruch, auch keine deutliche Einmischung – nach peniblen Vergleichen allerdings hörbar. Der Neue zeigt nun, dass man sich in Bochum dieser minimalen Signatur angenommen hat und sie – auf welchem Wege auch immer – kompensierte. Denn auch bei Al Jarreau oder den Red Hot Chili Peppers lässt der ART G3 in keinem Bereich die letzte Klarheit vermissen.

Substanz statt Modeerscheinung

Schließlich steht noch der USB-Eingang auf meiner Liste. Nach einigen Vergleichen ist klar, dass er weit entfernt von einer Verlegenheitslösung ist. Mit ihm erweitert Audionet die eigene Stereoanlage um eine weitere Quelle, die – bei sorgsamer Konfiguration – nicht hinter den anderen Zuspielern zurückstehen muss. Auch das einfache Plug'n'Play der ART-Computer-Verbindung dürfte vielen Musikliebhabern die Scheu vor dem neuen Medium nehmen. In allerletzter Konsequenz gebe ich allerdings dem internen Laufwerk des ART den Vorzug, da mit ihm musikalische Linien noch eine Spur geschmeidiger fließen, die innere Spannung der Musik nach meinem Empfinden vollständiger erhalten bleibt.

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