Was danach passiert, kann selbst eine technoide Produktion wie »Surrender« verdeutlichen. So wie sich Kraftwerk mit dem charakteristischen, besonders organischen Klang von Bässen ein unverwechselbares stilistisches Merkmal geschaffen hat, identifizieren sich die preußisch akkuraten Kompositionen von Anja Schneider durch einen starken Kontrast zwischen stoischer Rhythmusbetonung und verspielten Akzenten, die eine vordergründig kühle Stimmung aufbrechen. Dank der Unterstützung durch das Ampere treten diese Kontrapunkte viel deutlicher zutage, der Planck richtet jetzt einen hellen Spot auf jede einzelne Tonspur, wie leise sie auch sein mag. Nachdrücklicher bin ich nie zu der Ansicht gelangt, dass der im Englischen mehrdeutige Songtitel als »Hingabe« verstanden werden soll. Die wird anschließend verdientermaßen auch einem ebenso raffinierten Track zuteil, der in diesem Frühjahr bei Mobilee Records erschienen ist: »Satin Curtain« aus der gleichnamigen EP von Ray Okpara. Gedämpft im Hintergrund murmelnde Stimmen verleihen diesem neuesten Release des DJs mit Wurzeln in Nigeria und im Ruhrgebiet eine recht eigentümliche Atmosphäre, dazu ziehen sich teils extrem leise abgemischte, sonderbare Soundeffekte durch den gesamten Titel: ein Scharren wie von schleifenden Schritten, ein Rauschen wie von einer weit entfernten Brandung, ein dezentes Klicken wie von Körnern, die auf einen harten Untergrund herabfallen. Die Tatsache, dass Planck und Ampere zusammen diese Feinheiten entschieden klarer herausstellen als der CD-Spieler allein, versetzt mich offen gesagt in Erstaunen – sogar bei etwas geringerer Lautstärke lässt sich die Natur dieser verfremdeten Klänge leichter erkunden. Dennoch ist das Mehr an Auflösung nicht der Kernpunkt dessen, was das Ampere klanglich bewirkt. Die bessere Durchhörbarkeit des Klangbildes ist ein Resultat von minimierten Störgeräuschen, das musikalische Abbild nimmt vor einem schwärzeren Hintergrund Gestalt an und präzisiert sich daher wie auf eine bessere Leinwand projiziert. Dabei geht es nicht um Nuancen oder einzelne Aspekte, dieser Effekt macht sich in allen Belangen sehr deutlich bemerkbar.

Feinkost wird zur Delikatesse

»Taking Flight« nimmt mit dem Ampere mehr Fahrt auf, die stetige Entwicklung hin zu mehr Tempo und ungezügelterer Verve im Verlauf dieses Stücks wird wesentlich agiler und flüssiger dargeboten. Bei mir erhärtet sich der Eindruck, dass das Duo sehr viel Abstand zwischen sich und den solo spielenden Planck bringen kann – und das, obwohl jener wegen seiner außergewöhnlich ausgeprägten, übergreifenden Differenzierungsfähigkeiten so für sich einnehmend spielt. Ebenfalls in diesem Frühjahr erschien bei ECM ein neues Album vom Tomasz Stanko New York Quartet: Der polnische Trompeter konnte für »December Avenue« mit dem Schlagzeuger Gerald Cleaver, dem Bassisten Reuben Rogers und dem Pianisten David Virelles hochkarätige Musiker um sich scharen, die den Dialog zwischen den Band-Mitgliedern mit einer starken persönlichen Note gestalten. Die Qualität dieser Einspielung bewegt sich auf einem so hohen Niveau, dass es schon fast ein Kunststück seitens der Komponenten wäre, wenn die Wiedergabe nicht ansprechend klingt. Der Planck macht aus dieser Feinkost eine seltene Delikatesse, macht im Grunde Fragen nach der Klangqualität vergessen, denn das völlig schlüssige Gesamtgefüge seines Detailreichtums rückt die Musik ganz in den Vordergrund. Mit dem Ampere intensiviert sich diese Wirkung: Instrumente stehen plötzlich dreidimensional umrissen im Raum, sogar das tonale Spektrum ist noch minutiöser aufgefächert und die Ausdehnung der Bühne eine Spur weitläufiger, vor allem jedoch gewinnt sie an Stabilität und lässt sich jetzt im Geiste mühelos abschreiten. Bei »Sound Space« beeindruckt mich die Wucht des Kontrabasses und ich versinke tief in den Noten des Pianos, aber letztlich verdeutlicht diese Produktion eindrucksvoll, dass Planck und Ampere eine unmittelbare, Live-ähnliche Präsenz des Geschehens erschaffen.

In dieser Nennung fehlt freilich der Watt, jedoch nur wegen des bisherigen Vergleichs zwischen dem Planck als Solisten und im Duett mit dem Ampere. Obgleich ich die Quelle mit und ohne ihr externes Netzteil auch mit anderer Elektronik gehört habe, ist alles Gesagte ebenso für ihn gültig, denn der Watt spielte die dritte Hauptrolle bei dieser Erkundung, die ebenfalls aufzeigen sollte, was die Scientist-Geräte zusammen als Kette zu leisten vermögen. Während des langen Zeitraums, in dem mir alle drei Geräte zur Verfügung standen, hat auch die Vollverstärker-Referenz von Audionet einmal mehr bewiesen, dass sie in ihren Preisgefilden keinen Konkurrenten hat. Aber wie stark befruchten sich Planck, Ampere und Watt gegenseitig? Wenn man Gutes miteinander kombiniert, dann muss auch Gutes dabei herauskommen. Gemäß einer einfachen Logik lässt sich dieser Schluss nicht bezweifeln, doch die weiterführende Annahme, dass sich die drei gemeinsam nochmals aufschwingen, steht womöglich auf einem anderen Blatt. Schließlich gehören Audionet-Komponenten bekanntermaßen nicht zu jenen Akteuren, die der Reproduktion eine tonale Signatur aufprägen oder sich anderweitig allzu kreativ engagieren.

Wo bleibt da Spielraum für Synergieeffekte?

Die Antwort illustriert eine ausgezeichnete Einspielung eines klassischen Orchesters. Sir Charles Mackerras dirigiert das Scottish Chamber Orchestra durch die »Pariser« Symphonie Nr. 31 in d-Dur von Mozart. Ganz zu Beginn des Andante steht die erste Violine nicht allein auf der Bühne, bevor weitere Instrumente einfallen: Die Größe des Saals, seine Atmosphäre wird zugleich sofort spürbar. Eine solche phänomenale Durchsichtigkeit kann nur entstehen, wenn alle Beteiligten ein herausragendes Maß von Informationsfülle abbilden und uneingeschränkt von einer zur nächsten Komponente durchzureichen vermögen. Und eine musikalische Reproduktion kann nur so ungefiltert intim wirken, wenn alle Komponenten ihre Präzision zu einer gänzlich konsistenten Spielweise entwickeln können. Mit genau diesen beiden Fähigkeiten ergänzen sich Planck, Ampere und Watt wunderbar, spielen deshalb zusammen absolut homogen und ergreifend feinfühlig. Ihr gemeinsames Agieren scheint viel mehr als die Summe aller Teile zu sein – doch das ist entgegen aller Intuition gemäß einfacher Logik unmöglich. Das Scientist-Trio macht diese nüchterne Erkenntnis allerdings besonders schwer einsichtig.