Dieses neue MFSL-Schwergewicht (jede LP bringt 180 Gramm auf die Waage) lässt  qualitativ alle bisherigen Pressungen in puncto Dynamik und Feinzeichnung mit Abstand hinter sich. Als primäres Objekt der Begierde kommt natürlich AKGs neuer K 812 zum Zuge. Es sitzt wirklich äußerst bequem, umschmeichelt die Ohren mit seiner weichen Lederpolsterung.

Los geht es mit »On Saturday Afternoons In 1963«. Der 2:32 Minuten lange Kurztrack besticht durch sein sehr intimes Flair. In der kleinen Besetzung (Piano und orchestrale Mini-Arrangements) gesellen sich alle Musikanten mit akustisch feinen Finessen um Rickie Lee Jones herum. Es braucht darüber hinaus nicht mehr als ihr Timbre, um die ungeteilte Aufmerksamkeit des Zuhörers zu bekommen. Ihre schüchtern-zaghafte Singstimme steht exakt zentral im Raum. Ich habe über den K 812 das Gefühl, die Sängerin direkt an die Hand nehmen zu können, fühle mich mittendrin im Geschehen. Dieser Kopfhörer erzeugt  eine ganz spezielle livehaftige Atmosphäre. Dem großen »Ohrlautsprecher«-Bruder K1000 fehlt etwas von dieser körperlich-famosen Nähe.

Bebop der Extraklasse

»Danny's All-Star Joint« ist Drive, Rhythmus, schnelle Tempi, famose Blechbläsereinsätze – Herz was willst du mehr? Das Stück startet mit einer imposant hüpfenden Bassmelodie – ein wohltemperierter Kontrapunkt zu Rickie Lees lässigem Silbengesang. Trotz »abgerissener« Melodien klingt das wie aus einem Guss, ein E-Piano klimpert lässig im Hintergrund. Der 53-Millimeter-Schallwandler des 812 mit seiner druckvoll-dynamischen Wiedergabe ist ansatzlos schnell. Fetziger Sound, imposant gezupfte Bass-Saiten und rhythmisch vertrackte Momente sind hier das Salz in der Suppe. Mal geht es griffig-beschwingt zur Sache, mal drängeln sich harmonisch angedeutete Augenblicke in den Vordergrund. Beim Repertoire ihres Erstlingswerks schöpfte Miss Jones wahrlich aus dem Vollen. Und AKG bekundet hier mit dem »Neuling« eine Musikwiedergabe in feinsten Nuancen und abgestuften Detailreichtum. S-und Zischlaute sind frisch und natürlich, es existiert nicht die Spur von Härte oder einer angestrengten Überzeichnung, hier herrscht ein souveränes Mittel-/Hochtonspektrum vor. Stimmlich nasale Tendenzen haben noch eher das gewisse »rotzige« Kolorit. Diese klanglichen Details kommen beim K-1000-Klassiker minimal »braver« zur Geltung.

Rickie Lees spröde und sperrige Gesangskunst ist nicht sofort jedermanns Sache. Die damals erst 24-Jährige lebte 1979 ihren Stil in vollen Zügen aus. Schnodderige Lyrikmelodien gehörten für die Sängerin zum »way of life«. Schräge Typen wie Tom Waits oder Sal Bernadi zählten zum engsten Freundeskreis. Dem Letzteren hat sie mit »Weasel And The White Boys Cool« einen Song gewidmet. Messerscharfe Gitarrenakkorde, rhythmisch eher gelangweilt begleitende Drums und einfallsreiche Hornmelodien passen hier exakt ins Gesamtkonzept. Rickie Lee Jones will Kontrapunkte setzen, sie eckt vokal gerne richtig an und läuft damit zur Höchstform auf. Ich glaubte, ihren unruhig-kreativen Geist gesanglich bis aufs i-Tüpfelchen zu kennen, doch in Sachen Bühnenpräsenz und Abbildung der einzelnen Instrumente legt der K 812 noch mal »ein Schippchen drauf«. Hier ist aber auch zusätzlich der Schlüssel für Krieg Wunderlichs Nachbearbeitung in der 45er-Version begraben.